Ende Mai wird in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Ein Blick auf den Internetwahlkampf in NRW zeigt, dass das Netz weiter als Kommunikationsplattform zur Wählerbindung an Bedeutung gewinnt. politik-digital.de hat sich auf den Sites der kandidierenden Parteien umgesehen.

 

Mit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai steht die „kleine Bundestagswahl“ bevor. Gewinnt die CDU und mit ihr Jürgen Rüttgers, rückt die Kehrtwende im Bund in greifbare Nähe, so das Kalkül der Christdemokraten. Wird jedoch die jetzige Koalition aus Rot-Grün unter Ministerpräsident Peer Steinbrück bestätigt, soll daraus der dringend benötigte Schwung für die Politik der Bundesregierung werden. So stehen sich im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen die beiden Lager aus rot-grün und schwarz-gelb gegenüber und bestimmen auch die Auseinandersetzungen auf den Internetauftritten der Parteien. Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen, das bedeutet vor allem den Versuch der Parteien, sich den Wählern modern und jugendlich zu präsentieren. Die extra für den Wahlkampf angelegten Websites und überarbeiteten Homepages bieten mehr als die üblichen Informationen zu Parteiprogrammen und Spitzenkandidaten. Mit einem „Mitmach-Center“, einem Weblog und einem Online-Spiel speziell für Jugendliche stechen SPD und Jusos aus den restlichen Wahlkampf-Angeboten im Netz hervor. Besonders beliebt bei den Parteien sind Videobotschaften, mit denen die Nutzer direkt angesprochen werden sollen.

Die Spitzenkandidaten



Ministerpräsident Peer Steinbrück hat sich Ansehen im Land erworben. Diesen Amtsbonus versucht die SPD zu nutzen. Beim Aufruf des persönlichen
Internetauftritts des Ministerpräsidenten erscheint so zuerst der Aufruf, Peer Steinbrück bei seinem Wahlkampf zu unterstützen. Neben den nicht besonders innovativen Informationen zur Person des Ministerpräsidenten und zu seinen politischen Standpunkten verkündet der Landesvater sein Resümee für die einzelnen Wahlkampfwochen mit kurzen Videobotschaften in seinem
Tagebuch.

Der Herausforderer,
Jürgen Rüttgers, versucht diesen Startvorteil mit interaktiven und multimedialen Angeboten aufzuholen. Jürgen Rüttgers präsentiert sich „ganz persönlich“ und stellt dabei auch gleich noch seine Frau mit vor. Die Idee mit den Videobotschaften hat auch ihm gefallen und so versendet er ebenfalls Videobotschaften, die seine wichtigsten Wahlanliegen verdeutlichen. Aber mehr noch: Unter der Rubrik „
Bürger für Rüttgers“ können sich „junge Menschen“, „Senioren“ und „Frauen“, auf Unterschriftenlisten eintragen und ihre Begeisterung für Jürgen Rüttgers öffentlich kund tun.

Plakate kleben für die Genossen

Der Internetauftritt der
SPD zur Landtagswahl wird im personen-bezogenen Wahlkampf durch den Ministerpräsident bestimmt. Neben den Standardinformationen zu Parteiprogramm, Personen, Themen und Terminen sind einige interaktive Tools direkt an den Nutzer gerichtet. Um die Nutzer zu erreichen gibt es das „
Mitmach-Center“, das eCards und Wahlkampfaufrufe zum Versand bereit hält und Anregungen für den Wahlkampf vor Ort (beispielsweise ein Fragequiz für den Straßenwahlkampf) anbietet. Interessant erscheint die Möglichkeit, öffentlich Partys zur Wahl-kampfunterstützung über die Website der NRW-SPD zu planen und zu veröffentlichen, um Gleichgesinnte kennen zu lernen.

Ein weiteres Extra ist das offizielle
Weblog des SPD-Landesver-bandes NRW, das tagesaktuell geführte Online-Tagebuch zum Wahlkampf. Hier finden sich persönliche Beiträge von Mitarbeitern der Landes-SPD, aus den Wahlkampfteams, von Kolumnisten sowie Kommentartoren aus dem SPD-Umfeld, die von den Lesern kommentiert werden können. Damit sollen schnelle Informationen, Reaktionen und Diskussionen mit den Usern ermöglicht werden. Eine witzige Ergänzung der Seite ist das „
Schwarzmalermemorie“, bei dem man Gesichter von NRW- und Bundes-CDU aufdecken kann.

Die Jusos setzen auf eine Mischung von Information und Unterhaltung auf einer für den Landtagswahlkampf entworfenen neuen Website. In ihrer „
NRW Wahlkampf Zentrale“ stellen sie die Kandidaten und Kandidatinnen vor, bieten Informationen rund um die Wahl, wobei unter der Rubrik „Erklär-Peer“ ein virtueller Peer Steinbrück politische Begriffe von A-Z erläutert. Direkt an den Nutzer geht der Wahlhilfeaufruf, der an bis zu sechs Freunde verschickt werden kann. Als Magnet der Seite dient jedoch das Spiel „
NRW WahlhelferIn 2005“. Als Wahlhelfer navigiert sich der Spieler durch Städte wie Münster oder Düsseldorf: „Beim virtuellen Plakate kleben kommen die Besucher auf lockere Art mit unserem Wahlprogramm in Kontakt“, sagt Alexander Bercht, Landesvorsitzender der NRW Jusos.

Ein blauer Schal für die CDU

Unter
www.nrwinteam.de hat die nordrhein-westfälische CDU eine Seite für den Wahlkampf eingerichtet, die aufgrund ihres rot-grünen Designs auf den ersten Blick leicht irritiert. Hauptanliegen ist es, Unterstützer für den Wahlkampf zu akquirieren. Dazu gibt es Mitgliederanträge für das NR
Win-Team aber auch Auforderungen, an Großveranstaltungen der CDU teilzunehmen oder Freunde als Unterstützer zu werben. Kennzeichen des NR
Win-Teams ist ein blauer Schal, der direkt auf der Seite erworben werden kann und stark an den roten Heide-Schal in Schleswig-Holstein erinnert. Das blaue Gegenstück hat sich angeblich bereits zum Verkaufsschlager entwickelt, was jedoch nichts bedeuten muss, wie in Schleswig-Holstein deutlich wurde.

Weitere Informationen finden sich auf der Homepage der
NRW-CDU. Die Verteilung der Themen auf die beiden Seiten erscheint etwas unübersichtlich. Das
Weblog zum Wahlprogramm der CDU befindet sich auf der Landesseite. Auf der Wahlkampfseite hingegen ist nicht einmal eine Verlinkung auf das Weblog zu finden. Das Weblog zeigt dauerhaft nur 3 (drei!) Einträge an. Nach Anmeldung bietet es die Möglichkeit, die zentralen Wahlkampfstatements der CDU in NRW zu kommentieren. Vom Format eines Weblogs, dass ja gerade durch seine Geschwindigkeit und damit Aktualität hervorsticht, ist somit leider nicht mehr viel übrig geblieben. Aber Weblog hört sich wohl einfach besser an als "Forum mit der Kommentarmöglichkeit".

Grüne Grashüpfer

Mit einem breiten Internetangebot warten auch die Grünen auf. Ihr pünktlich zur Wahl neu gestalteter Internetauftritt
www.erste-wahl.de bietet neben den Standards ebenfalls ein Wahlkampfblog: „
Börjes Blog“. Hier bloggt Börje Wichert, der persönliche Referent der Landesvorsitzenden Britta Hasselmann und Frithjof Schmidt. Bei der Kommentarfunktion ist die CDU den Grünen einen Schritt voraus: die Möglichkeit für den Besucher, die veröffentlichten Beiträge zu kommentieren fehlt hier leider. Dafür können Interessierte direkt mit den Spitzenkandidaten der Grünen in Kontakt treten. Über ein
Chatangebot können die Nutzer ihre Fragen am 19. Mai direkt an Michael Vesper richten. Wie die beiden Spitzenkandidaten wenden sich auch die Landesvorsitzenden von den NRW-Grünen Britta Haßelmann und Frithjof Schmidt mit wöchentlichen Videobotschaften an die potenziellen Wähler, um die Vorzüge grüner Politik zu verdeutlichen. Als Unterhaltungsangebot haben die Grünen das Onlinespiel ‘
Eierjagt‘ eingerichtet. Unter der Domain
www.DeineGruen.de kann der Nutzer nach dem Vorbild des
Wahl-O-Mat testen, ob die Standpunkte der Grünen der persönlichen Meinung entsprechen. Schließlich gibt es neben den Websites der Spitzenkandidaten
Bärbel Höhn und
Michael Vesper noch die „
Grünen Grashüpfer“. Jugendliche, die die NRW-Grünen als freiwillige Wahlkampfhelfer unterstützen und auf einer eigenen, jugendlich aufgemachten Seite zum Mitmachen beim Flyerverteilen oder bei Großveranstaltungen auffordern.

Gelb statt Grün

Unter
www.gelbstattgruen.de hat die NRW-FDP eine Kampagnenseite nur für den Wahlkampf eingerichtet. Der Name ist Programm, stark textlastig findet man kaum Innovatives, sondern hauptsächlich Informationen und Statements gegen Grün und für Gelb. Die FDP verlinkt dabei auch auf eine Kolumne der
Financial Times Deutschland, die gegen die Grünen zu Felde zieht. Interaktive Tools sucht man vergebens, die Vorstellung, die Nutzer aktiv am Wahlkampf zu beteiligen, erschöpft sich in einem Formular zur Anforderung von mehr Informationen.

Etwas mehr Kommunikation bietet die zweite Seite der FDP,
www.das-neue-nrw.de, die die eigentliche Wahlkampfseite darstellt. Unter „Mitmachen“ kann der Nutzer unter anderem Mitglied der FDP werden, online spenden oder Anzeigen für die FDP sponsern. Ebenfalls kann man sich ein RSS-Newsfeed einrichten, um sich mit den Pressemitteilungen zum FDP-Wahlkampf versorgen zu lassen.

Die Stimmung im Land

Die Stimmung in Nordrhein-Westfalen folgt der Unzufriedenheit mit der rot-grünen Regierungskoalition im Bund. Letzte Meinungsumfragen sehen schwarz-gelb mit sieben Prozentpunkten eindeutig vor dem jetzt regierenden rot-grünen Bündnis. Laut TNS Emnid in Bielefeld liegt die CDU Anfang Mai bei 45 Prozentpunkten und könnte zusammen mit der FDP, die derzeit sechs Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen würde, die Mehrheit im Landtag erringen. Die SPD hingegen ist auf 34 Prozentpunkte abgesackt. Diese Stimmenverluste für die Koalition können auch die Grünen mit ihren zehn Prozent nicht ausgleichen. Jedoch geben sich die Genossen, wie nicht anders zu erwarten, kämpferisch. Mehr als ein Drittel aller Wähler entscheidet sich est in den letzten Tagen vor der Wahl. Darauf hoffen SPD und auch die Grünen.