Am Sonntag wird im Saarland, in Sachsen und in Thüringen gewählt. Vier Wochen vor der Bundestagswahl ist dies natürlich eine letzte Standortbestimmung und der Startschuss für die heiße Phase im Bundestagswahlkampf. Mit Blick auf das Geschehen im Netz wirken die drei Wahlkämpfe bisher eher zurückhaltend und wenig spektakulär. Doch genau dafür gibt es einige gute Gründe.

Die Wahlgebiete haben sich bisher nicht als Klassenbeste in Sachen Internet hervorgetan, der aktuelle (N)onliner-Atlas führt die drei Länder auf den Plätzen 1 (Saarland), 2 (Thüringen) und 5 (Sachsen) im Offliner-Ranking. Nach der Methodik der Studie sind "Offliner" jene Menschen, die das Internet zum Zeitpunkt der Befragung nicht nutzen und auch in den nächsten zwölf Monaten keine Online-Nutzung planen. Im Saarland gehören 34,4 Prozent der Befragten in diese Kategorie, in Thüringen sind es 33,6 Prozent, in Sachsen 30,3 Prozent.

Am anderen Ende der Skala rangiert Berlin – in der Hauptstadt verweigern sich nur noch 23,6 Prozent langfristig dem neuen Medium. Möglicherweise herrschen also nicht die besten Bedingungen für das Führen interaktiver Online-Wahlkämpfe auf den beteiligungsorientierten Plattformen des Web 2.0.

Offliner wählen Linke

Und es gibt noch weitere Überlegungen, die in diese Richtung weisen: In den Umfragen erzielt die Linkspartei recht solide Werte – im Saarland 16 Prozent, in Sachsen 20 Prozent und in Thüringen zuletzt 23 Prozent (vgl. die SpOn-Wahlzentrale). Folgt man der Analyse der Parteienforscher Schoen und Falter zur Bundestagswahl 2005, dann darf man davon ausgehen, dass die Linkspartei nicht in erster Linie auf internetaffine Wähler abzielt.

Zu verbinden ist diese Darstellung mit den Resultaten der ARD/ZDF-Offlinestudie 2009 – neben dem Alter wird dort auf den Bildungsgrad als wesentlicher Grund für die Internet-Abstinenz verwiesen: ”Nicht nur durch das höhere Alter, sondern auch durch die Nicht-Berufstätigkeit lassen sich die Offliner charakterisieren. Auch wenn der Anteil unter den Nicht-Berufstätigen seit Jahren sinkt, so sind es 2009 immer noch knapp zwei Drittel in dieser Gruppe, die kein Internet nutzen – vor fünf Jahren waren es noch über drei Viertel.”

Sozialdemokraten schwächeln

Unmittelbar gekoppelt mit den Zahlen der Linkspartei sind aber die Werte für die SPD – bisher stets eine tragende Säule mit Blick auf den Online-Wahlkampf. Während sich im Saarland der ”neue Mann” Heiko Maas noch halbwegs stabil (26 Prozent) als Haupt-Herausforderer von Ministerpräsident Peter Müller präsentiert und vor allem mit einigen auffälligen Youtube-Videos punktet, sind die Sozialdemokraten in Sachsen (20 Prozent) und Thüringen (14 Prozent) nur noch dritte Kraft.

Weitaus stärker als die dürftigen Prognosen wirkt sich aber die dünne Personaldecke auf die Online-Performance aus – die einfache Formel lautet hier: weniger Parteimitglieder, weniger Online-Wahlkampf. Der thüringische Landesverband notiert im Juli 2009 nur 4.374 Mitglieder, in Sachsen sind es mit 4.230 potenziellen Bloggern, Twitterern oder Facebook-Freunden mit Parteibuch sogar noch etwas weniger. Geradezu opulent mutet dagegen das Reservoir im Saarland an: Dort sind immerhin noch 21.593 Genossen registriert.

Obama ist out

Doch auch die anderen Parteien machen nicht unbedingt durch forcierte Digitalisierung auf sich aufmerksam – und warum auch? Gleich mehrere Kontextbedingungen begünstigen einen klassischen Medienwahlkampf und auch der Obama-Effekt scheint allmählich nachzulassen. Nicht mehr jede Online-Aktivität deutscher Politiker – zumal auf Landesebene – wird in eine Reihe mit der spektakulär erfolgreichen Internet-Kampagne des US-Präsidenten gestellt.

Ein Grund dafür ist sicher der größere zeitliche Abstand zur Obamania zu Jahresbeginn, ein anderer Grund trägt den Doppelnamen Schäfer-Gümbel. Gerade Landespolitiker müssen seit dem hessischen Landtagswahlkampf im Januar mit der gewagten, aber letztlich erfolgreichen Internet-Strategie von @tsghessen konkurrieren. Das Spitzenpersonal der saarländischen, sächsischen und thüringischen Wahlkämpfe aber unternimmt erst gar nicht den Versuch, die Online-Aktivitäten in ähnlicher Weise ins Zentrum der Kampagne zu stellen.

Wo sind die Piraten?

Angesichts solcher Rahmenbedingungen führt die Recherche fast automatisch in Richtung der Piratenpartei – doch ach: Die netzaffine Bande führt einzig in Sachsen ihre Armada in die Schlacht (sorry, diese Seefahrts-Metaphern schreiben sich fast von alleine). In den beiden anderen Bundesländern führt dies zu einer Annäherung an die Grünen – während man sich in Thüringen zu einer durchaus formalen Kooperation durchringen konnte, sieht das im Saarland noch etwas anders aus. In Sachsen dagegen steht die Piratenpartei am 30. August sehr wohl auf dem Stimmzettel, allerdings nicht am 27. September.

All diese Faktoren deuten darauf hin, dass der dreifache Wahlsonntag einen Schlusspunkt unter einen Online-Wahlkampf in der Offline-Zone setzen wird. Und auch das ist ein weiterer Beitrag für die Digitalisierung der Politik in Deutschland.