Die Top 6-Links aus der politik-digital.de-Redaktion befassen sich in dieser Woche mehrheitlich mit internationalen Themen. Vom Konflikt in Syrien, dem Internet- und Technikverständnis eines US-amerikanischen Literaten bis zur Transparenz bei Entwicklungshilfe-Maßnahmen reichen die online veröffentlichten Beiträge, die wir Ihnen heute ans Herz legen möchten. Am besten hat uns dann aber doch ein Feuilletonbeitrag über die Debatte zur Netzneutralität in Deutschland gefallen.


Das digitale Bürgerrecht auf Netzneutralität

Der Kampf um einen diskriminierungsfreien Zugang zum Internet ist schon seit längerer Zeit kein Nischenthema für Expertenarbeitskreise und verschrobene Technikblogger mehr. Niklas Hofmann schreibt im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung über eine stetig zunehmende Ökonomisierung des Internet und die damit zusammenhängenden Probleme. Die unabwendbar heraufziehenden Konflikte zwischen ökonomischem Interesse der Service-Provider und dem “digitalen Bürgerecht” auf Netzneutralität werden in dem Beitrag, der in der vergangenen Woche in der Druckausgabe der Süddeutschen Zeitung erschienen ist, kritisch beleuchtet und haben nach unserer Meinung den ersten Platz in der aktuellen digitalen Presseschau verdient.

Die Freiheit(en) der digitalen Welt
Die Vereinigten Staaten, ein Land des allzu unkritischen Forschrittsglaubens? Keinesfalls, wie in dieser Woche Jonathan Franzen eindrucksvoll bewiesen hat. Der amerikanische Schriftsteller, berühmt geworden mit dem Werk “Korrekturen”, schreibt in einem Essay für die Online-Ausgabe der New York Times über seine persönlichen Erfahrung mit zunehmender Digitalisierung. Mit der immer stärkeren Technisierung des menschlichen Alltages werde, so Franzen in seinen Reflexionen, die Grundlage für eine Rede vor Collegestudenten gewesen sind, auch unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und unser Verhältnis zur Natur grundlegend verändert. Eine Veränderung, die Franzen anhand seiner eigenen Liebe zur Vogelbeobachtung wortmächtig darstellt. Franzen fordert die Studenten auf, nicht feige zu sein, sondern hinauszugehen, sich der Welt und ihren Wesen zu stellen – auch wenn sie damit zwangsläufig Schmerzen in Kauf nehmen.

Transparente Entwicklungshilfe
Finanzielle Mittel, die in Entwicklungshilfeprojekte fließen, stehen allzu häufig im Verdacht, in den Nehmerländern in dunklen Kanälen zu versickern oder anderweitig missbraucht zu werden. Möglicherweise kann das Internet zukünftig dabei helfen, den Verbleib der Gelder transparenter zu machen. Im “Open-Data-Blog” auf Zeit-Online wird über den Versuch berichtet, die für Entwicklungshilfe-Maßnahmen aufgewendeten Gelder transparent darzustellen. Grundlage dieses Vorhabens ist das sogenannte “IATI-Register”. In der Folge der Parisier Erklärung über die Verwendung von Entwicklungshilfegeldern bermüht sich die OECD bereits seit dem Jahr 2008 um die Gestaltung dieses Prozesses. Das deutsche Entwicklungshilfeministerium äußert sich, so wird in dem Blog-Beitrag berichtet, aktuell aber noch zurückhaltend zu diesem Projekt.

Die Rache der Machthaber im Netz
Die NATO-Lufttschläge gegen den libyschen Machthaber Gadafi und dessen perfide Strategien menschlicher Schutzschilder oder des Verstecks in Krankenhäusern sind in den Medien allgegenwärtig. Die Despoten im Nahen und Mittlern Osten haben jedoch auch im Internet aufgerüstet, wie ein Artikel zeigt, den wir unseren Leserinnen und Lesern in dieser Woche an vierter Stelle empfehlen möchten. Der Info-War-Monitor berichtet aktuell über die sogennante “Syrian Electronic Army”. Bereits während des Frühjahrs hatte die Koordination der Protestbewegungen über das Internet einen maßgeblichen Anteil bei der Überwindung autoritärer Herrschaftsstrukturen in Tunesien und Ägypeten geleistet. Der Beitrag auf “Info-War-Monitor” beleuchtet nun die Gegenseite – die Arbeit der von Regierungsseite getragenen “Syrian Electronic Army”, die ebenfalls unter der Bezeichnung “Syrian Electronic Soldiers” auf Webseiten der syrischen Ooppositionsbewegung die Systemgegner zu verunsichern sucht und in sozialen Netzwerken wie Facebook für den Machterthalt von Bashir Al Assad trommelt.

Verbrüderung abgesagt
Es war, ist und bleibt der sprichwörtloiche “Kampf der Giganten”. Googles scheidender Vorstandschef Eric Schmidt gesteht in einem auf dem Portal All things digital veröffentlichten Video-Interview ein, im kommerziellen Wettbewerb mit dem Online-Netzwerk Facebook nicht immer klug gehandelt zu haben. Die Chance eines möglichen Zusammengehens der beiden weltweit meistbesuchten Internetseiten habe er für Google verpasst, so Schmidt. Sie hätte darin bestanden, noch mehr Inhalte und Nutzerprofile des mitgliederstärksten Sozialen Netzwerkes in die Suchfunktion von Google zu integrieren. Nach Schmidts Abgang wird Larry Page, einer der Gründer der leistungsstärksten Suchmaschine, erneut an die Spitze des kalifornischen Unternehmens rücken.

Die digitale Steinzeit
Zu guter Letzt haben wir eine launig verfasste Serie gefunden, in der die Geschichte der Internet-Entwicklung nachvollzogen wird. In Zeiten, in denen man seinen Webbrowser fast standardmäßig auf einem mobilen Endgerät in der Hosentasche mit sich herumträgt, wirken Erzählungen von Internet-Pionieren wie Vinton Cerf, der sich in der vergangenen Woche zu verschiedenen Vorträgen in Berlin aufgehalten hat, wie aus einer anderen Zeit. Markus Kompa unternimmt in seinem Beitrag für das Blog Telepolis eine solche Zeitreise und berichtet in der fünfteiligen Artikelserie von seinen ersten Gehversuchen im Internet bis hin zu netzpolitischen Bestrebungen der vergangenen zwei Jahre. Wie lange die von Kompa beschriebene Epoche her ist, mögen damalige Browsernamen wie Netscape Navigator oder Mosaic verdeutlichen; für Menschen die heute mit dem Internet aufwachsen, beinahe Fremdwörter.