China, Russland, Tadschikistan und Usbekistan haben einen gemeinsamen Vorschlag für einen Internet-Verhaltenskodex bei den Vereinten Nationen eingereicht. Der Kodex ruft zu mehr internationaler Kooperation im Bereich Internet- und Informationssicherheit auf –  erklärt das Internet aber zugleich zum staatlichen Hoheitsgebiet.

Eingereicht wurde das Dokument mit dem Namen "International code of conduct for information security" (PDF in Englisch) bereits am 12. September beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Vorlage in der 69. Sitzung der UNO-Generalversammlung vergangene Woche in New York. Der Kodex soll nach dem Prinzip der freiwilligen Selbstverpflichtung implementiert werden und steht allen Ländern offen. Ausgesprochenes Ziel der Initiative ist die Bewahrung internationaler Stabilität und Sicherheit angesichts zunehmender Internetkriminalität und der Bedrohung durch Cyberkriege. Der Kodex will teilnehmende Länder unter anderem dazu verpflichten, Informationen und Kommunikationstechnologien nicht für feindselige Aktivitäten zu nutzen und bei der Bekämpfung krimineller und terroristischer Aktivitäten im Internet zu kooperieren. "China ist der Überzeugung, dass Informations- und Internetsicherheit ein Herausforderung sind, die alle betreffen und nur durch internationale Kooperation bewältigt werden kann", wird Jiang Yu, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, in der Tageszeitung China Daily zitiert.

Andernorts wird der Vorschlag mit weniger wohlwollenden Worten bedacht. Vor allem der Umstand, dass gerade die "Internetfeinde" China und Usbekistan zu mehr internationaler Kooperation und der Achtung von "Menschenrechten und fundamentalen Freiheiten" aufrufen, erntet Spott.

Milton Mueller von der Syracuse Universität kritisert, der Kodex wolle vor allem die Souveränität der Staaten über nationale Informations- und Kommunikationsräume schützen und bewahren. Hinter der Sprachregelung verberge sich die Bestrebung, "das globale Internet in nationale Boxen zu stopfen", so Milton Mueller, der unter anderem die zivilgesellschaftliche Vertretung innerhalb der Internet-Verwaltung ICANN koordiniert. Mueller sieht in dem Vorschlag sogar die Rechtfertigung für die Zensur internationaler Kommunikation impliziert verankert. So fordert der  Kodex die "Einschränkung der Verbreitung von Informationen, die die politische, ökonomische und soziale Stabilität anderer Länder sowie deren spirituelle und kulturelle Lebensumstände unterminieren". Dieser Abschnitt würde es jedem Staat allzu leicht machen, die Zensur internationaler Informationsflüsse zu rechtfertigen, befürchtet Mueller. Zum Beispiel im Fall einer Mobilisierung gegen diktatorische Regimes auf Facebook. Eine tatsächliche Anwendung des Verhaltenskodex innerhalb der UNO hält Müller für unwahrscheinlich.  

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