Politiker und Parteien hinterfragen zunehmend die klassischen Wahlkampfmittel. Webseiten werden umgebaut, Profile in Sozialen Netzwerken eingerichtet und Youtube-Kanäle mit Videos bestückt. Doch will der Wähler das überhaupt? Eine aktuelle Studie zeigt: Parteiwebseiten interessieren nur drei Prozent der Wähler.

Welche sind die richtigen Wege, um Stammwähler zu mobilisieren, Wechselwähler zu überzeugen und Nichtwähler zu bewegen?

Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Dimap im Auftrag der Initiative ProDialog hat nun ergeben, dass der deutsche Wähler weit weniger expertimentierfreudig ist als die Wahlkämpfer vermuten. So informieren sich zwei Drittel aller Wahlberechtigten politisch hauptsächlich über Tageszeitungen und Fernsehen.

Das Internet liegt mit 29 Prozent auf dem vierten Platz, knapp vor dem öffentlich-rechtlichen Radio. Die Nutzung des Internet hängt allerdings stark vom Alter der "User" ab. Unter den 18 bis 29-Jährigen sind es 60 Prozent, die online nach politischen Informationen suchen, bei den über 60-jährigen lediglich sieben Prozent.

Kaum Interesse an Parteien im Web 

Dabei muss es für die Parteien ernüchternd sein, welche Internetangebote die Onliner nutzen. Die zur Zeit eifrig überarbeiteten Webseiten der Parteien sind es nämlich nicht. Diese werden nur von drei Prozent besucht. Führend sind mit 60 Prozent die Nachrichtenportale von Printmedien und die Internetauftritte der Fernsehsender. Spiegel und Tagesschau sind also offensichtlich auch im Netz die Meinungsbildner. Mit zwölf Prozent unter den 18 bis 29-jährigen Wählern stellen soziale Netzwerkseiten wie Studi-VZ, wer-kennt-wen und Facebook mittlerweile eine zunehmende Quelle für politische Informationen dar.

Internet als politische Informationsquelle - Angebote 

FDP-Wähler sind Onliner 

Unter den Parteien hat die FDP die internetaffinsten Anhänger: 40 Prozent ihrer Sympatisanten nutzen das Internet, um an politische Informationen zu kommen. Knapp gefolgt werden sie von grünen Parteifreunden mit 36 Prozent. Weit zurück sind CDU/CSU (29 %), Linke (28 %) sowie die SPD mit 27 Prozent. Nicht überraschend ist, dass unter den Nichtwählern nur ein Viertel politische Informationen im Netz suchen.

Der jetzige amerikanische Präsident Obama sprach seine Wähler auf allen verfügbaren medialen Kanälen an. Als besonders innovativ und effektiv wurde hier immer wieder der Kontakt per E-Mail und SMS genannt. Die deutschen Wähler sind nach den Umfrageergebnissen jedoch offenbar noch nicht so weit.

Sie wünschen zwar auch eine individuelle Ansprache durch den Politiker, fühlen sich aber eher angesprochen vom klassischen Infostand (40 Prozent) oder durch Interviews mit Politikern (57 Prozent). E-Mail und Wahlplakate (beide 80 Prozent Ablehnung) sind weniger geschätzte Medien. Dabei wird der persönlich adressierte Brief als weitaus attraktiver eingeschätzt als die elektronische Post.

Wege zum Wähler - Ansprache

Brief beliebter als E-Mail 

Vergleicht man die Ergebnisse der Studie mit den bereits im Jahr 2007 erhobenen Zahlen, lässt sich der Wandel in der Beliebtheit verschiedener Kanäle in der Wahlkampfkommunikation noch deutlicher darstellen. Die klassischen Formate wie Plakate (-6 Prozent), TV-Spots (-5) und Wahlwerbung im Radio (-1) verlieren an Resonanz. Die persönliche, direkte und lebensnahe Ansprache über unterschiedlichste Medien gewinnt hinzu. Insbesondere das persönliche Gespräch und der persönlich adressierte Brief werden deutlich häufiger gewünscht als noch im Jahr 2007.

Resonanz auf Ansprache im Wandel 

Dialog nicht Monolog 

Welche Schlussfolgerungen können und sollten Politiker und Parteien nun aus den Ergebnissen dieser Studie ziehen? Der Ausbau der Online-Aktivitäten und die Nutzung von neuen, innovativen Kommunikationkanälen ist sinnvoll, sollte aber nicht überschätzt werden.

Die Zielgruppe bleibt eher die digital gut vernetzte Klientel – und diese wählt am häufigsten FDP oder Grün. Der klassische, gerne als altmodisch belächelte Infostand auf dem Marktplatz hat weiterhin seine Berechtigung, insbesondere, wenn sich dort der Kandidat dem persönlichen Gespräch stellt.

Das Wichtigste aber: der Wähler sucht den Dialog, nicht den Monolog. Ganz gleich, ob der Politiker am Infostand Fähnchen verteilt, oder per Twitter und Facebook seine Botschaften verbreitet: den Wähler erreicht er nur, wenn er ernsthaft mit diesem kommunizieren möchte.

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