Nirgendwo in Europa unterhalten sich die Menschen so ausgiebig über Internet-Dienste wie in Spanien. Vor den spanischen Präsidentschaftswahlen am 9. März 2008 zieht es daher auch die Spitzenkandidaten Rajoy und Zapatero dahin, wo ihre Bürger schon sind: In die Sozialen Netzwerke und zur Videoplattform YouTube. Wer sich online der Diskussion mit seinen Wählern stellt, muss
auch schon mal Fragen zum Kiffen in der Öffentlichkeit beantworten.

 


Mariano Rajoy von der konservativen Partido Popular (PP) ist der
Herausforderer der diesjährigen Wahl. In den TV-Duellen gegen
den regierenden Premier José Luis Rodríguez Zapatero
(Partido
Socialista Obrero Español,
PSEO),
genannt "Bambi", habe er sich ganz ordentlich geschlagen,
sagen Wahlbeobachter.

Auch
Rajoys Wähler sollten sich vor und hinter die Kamera stellen.
Auf der Internetseite der PP forderte er sie auf, einen Wahlwerbespot für ihn zu drehen. 30
Sekunden hatten die Wähler Zeit, ihre Argumente für den
Kandidaten zu präsentieren. Seit dem 4. März stehen nun
acht Finalisten fest, die auch im spanischen Fernsehen gezeigt werden
sollen: Da träumt zum
Beispiel eine Katze vom besseren Leben, das die Stimme für den
PP-Politiker bringen soll. Ein anderes Video zeigt Rajoys Gegner
Zapatero als zu selbstsicheren Kapitän, dem das Wasser bis zum
Hals steigt.


(Fast) privat bei Facebook

Rajoy gibt sich offen für die Kommunikationsmöglichkeiten der
Neuen Medien: Die poppig-blaue Website der Partido Popular verweist
gleich auf mehrere Profile des konservativen Politikers in Sozialen
Netzwerken. Sein Facebook-Profilfoto (nur sichtbar für bei Facebook registrierte Nutzer)
zeigt den Politiker als Privatmann, Arm in Arm mit seiner Frau. 4.782
Nutzer sind schon seine virtuellen Freunde geworden. Auch beim
spanischen Facebook-Klon "Tuenti" ist Rayoj
angemeldet.

Mit
einem eigenen, echten Profil in Sozialen Netzwerken ist Rajoy eine
Ausnahmefigur unter den europäischen Spitzenpolitikern. Nur
vereinzelte Minister lassen sich bei Facebook auf den
virtuell-direkten Kontakt mit ihren Wählern ein, so zum Beispiel
die französische Ministerin für Bildung und Forschung,
Valérie Pécresse.
Spaniens Premier Zapatero besitzt ebenfalls kein eigenes Profil. Doch
er hält sich nicht komplett aus den Sozialen Netzwerken raus:
Die Internetseite seiner Partei PSEO verlinkt auf eine
Unterstützergruppe, gestartet von vier spanischen Studenten.
Damit reagieren die Politiker auf die Online-Kommunikationsfreude
ihrer Landsleute. Keine europäische Nation nutzt das
Mitmach-Internet so intensiv wie die Spanier, zeigt die Studie
eEspaña aus dem Jahr 2007.

Zapatero
klärt auf: Kein Kiffen in der Öffentlichkeit

Bürgernah
zeigt sich Zapatero auf seiner Kampagnenwebsite: Nutzer können Fragen zu
politischen Themen stellen, sein Wahlbüro gibt Antworten und
veröffentlicht diese online.
Der Nutzer „sawr" möchte so zum Beispiel wissen, warum
Haschischrauchen in Spanien illegal ist. Das Wahlbüro klärt
auf: Strafbar sei nicht der Konsum, sondern der Verkauf, und es gebe
Vorschriften gegen das Kiffen in der Öffentlichkeit. Schließlich
müsse sich die Regierung um die Gesundheit ihrer Bürger
kümmern. Bevor Nutzer solche Frage stellen können, müssen
sie sich allerdings registrieren.

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