SaarlandAm Monatsende steht die erste Landtagswahl des Jahres im Saarland an, nachdem Deutschlands bislang einziges „Jamaika“-Bündnis auf Landesebene dort im Januar zerbrochen war. politik-digital.de hat nachgefragt, was die Parteien an der Saar online auf die Beine gestellt haben.

Wozu braucht es, so könnte man fragen, überhaupt Online-Netzwerke in einem Bundesland, von dem kürzlich zu lesen war, „dass hier jeder jeden kennt. Oder zumindest jeder jemanden kennt, über den man jeden kennt.” Lohnend ist ein Blick auf den Online-Wahlkampf im kleinsten Flächenland der Republik aber vielleicht nicht trotz, sondern gerade wegen der Tatsache, dass sich die Politiker und Wähler hier – zumindest räumlich – so nah wie nirgendwo sonst sind. Im Saarland, so scheint es, liegt die besondere politische Brisanz nämlich weniger im Gewicht der von dort ausgehenden politischen Initiativen, sondern vielmehr im vielfach „schmerzhaften“ Verhältnis der Protagonisten zueinander. Wer sind diese Parteien und wie präsentieren sie und ihre Spitzenleute sich in einem denkbar kurzen Wahlkampf im Netz?

 Kopf an Kopf-Rennen auch im Netz?

Die Sozialdemokraten, die nach über zwölf Jahren in der Opposition zukünftig mit ihrem Landes- und Fraktionschef Heiko Maas den neuen Ministerpräsidenten stellen möchten, haben schnell reagiert und stellen ihren Spitzenkandidaten auch online in den Mittelpunkt der Kampagne. Neben dem Facebook-Auftritt der Partei mit tagesaktuellen Berichten überzeugt vor allem die Homepage des auch persönlich twitternden Heiko Maas. Ein moderner purpurfarbener Auftritt für den Spitzenkandidaten wurde hier kreiert. Im gleichen Design werden in den Wochen vor der Wahl zudem tägliche Video-Botschaften von Generalsekretär Rainhold Jost unter dem Motto „Guten Morgen, Saarland!“ auf dem eigenen YouTube-Kanal verbreitet. Bei ihren gesamten Web 2.0-Aktivitäten im laufenden Wahlkampf wollen die Sozialdemokraten an der Saar „Web 2.0 nicht simulieren, sondern praktizieren.“. „Offene Kommunikation, auch kritische Kommentare“ seien willkommen und „auch Beiträge des politischen Gegners werden nicht gelöscht, sondern inhaltlich gekontert“, wie SPD-Sprecher Thorsten Bischoff gegenüber politik-digital.de erklärt.

Auf YouTube ist auch die saarländische CDU seit Anfang des Jahres mit einem eigenen Kanal vertreten. „Mit Bordmitteln“ würden dort eigene Video-Statements und Wahlkampfberichte produziert. Seinen Facebook-Auftritt benennt der Landesverband  gegenüber politik-digital.de als „Schwerpunkt hinsichtlich Aktualität, aber auch Intensität der Kommunikation“. Über ihren Twitter-Account informiert Saar-Ministerpräsidentin und CDU-Spitzenkandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer zusätzlich über Eindrücke aus dem Wahlkampf. Mit all diesen Angeboten verfolgen die Christdemokraten im Netz vor allem eine „sehr kurzfristige Kommunikation der aktuellen Geschehnisse“, so Pressesprecher Timo Flätgen gegenüber politik-digital.de.

Beide Spitzenkandidaten berichten mit Statements von Betriebsbesuchen und dem obligatorischen Wahlkampf in der Fußgängerzone. Besonders der SPD ist es wichtig, dass Landeschef Maas seine Profile in den sozialen Netzwerken eigenhändig betreut und man, wie es bei der Partei heißt, „den Menschen hinter dem Politiker” wahrnimmt. Zumindest bei Maas’ Hauptkonkurrentin Kramp-Karrenbauer kann man sich den Menschen hinter dem Twitter-Account lebhaft vorstellen, beispielsweise dann, wenn sie twittert, aufgrund des Fluglotsentreiks in Berlin festzustecken.

Welche Auswirkungen aber wird der Kampf um die Sitze im Landtag von Saarbrücken auf den Berliner Politikbetrieb haben? Für den Parteienforscher Carsten Koschmieder vom Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin ist ein eindeutiges bundespolitisches Signal nicht auszumachen. Sollte es die FDP entgegen der aktuellen demoskopischen Werte aber in den Landtag schaffen, so würde dies von der Parteiführung in Berlin laut Koschmieder „als Wende im Abwärtstrend“ gedeutet werden. Schlimmstenfalls, so der Politikwissenschaftler weiter, würde aber auch von Saarbrücken das Signal ausgehen: „Rösler liefert als Parteivorsitzender nicht“.

Und was bleibt als Folge des 2009 beschlossenen Jamaika-Bündnisses? „Die Grünen scheinen abgestürzt zu sein“, so die nüchterne Beobachtung des Parteienforschers Koschmieder. Ihnen habe man die damalige Entscheidung gegen ein Zusammengehen mit SPD und Linkspartei nicht abgenommen.

Lafontaine und die anderen

Auch wenn der Wahlkampf bislang von dem Duell zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer und ihrem Herausforderer beherrscht wird, mühen sich auch weitere der insgesamt elf zur Wahl zugelassenen Parteien um eine sichtbare Online-Präsenz. Doch was ist mit dem, von dem im Saarland so vieles abhängt, und mit dessen Partei trotzdem (noch) niemand regieren will? Die in den Umfragen starke Linkspartei schickt mit ihrem Fraktionsvorsitzenden ihr auch bundesweit bekanntestes Gesicht ins Rennen. Oskar Lafontaine wird also auch auf allen Online-Kanälen am meisten Platz eingeräumt. Der saarländischen Linkspartei liegt ein ambitionierter Online-Auftritt als ein “Baustein” des Wahlkampfs am Herzen. Allerdings könne dieser “den persönlichen Kontakt mit den Wählern, etwa über unsere vielen Wahlkampfstände in den Dörfern und Innenstädten nicht ersetzen.”, so die Auskunft der Linkspartei, die Wert darauf legt, dass das persönliche Gespräch “in ganz anderer Form Probleme aufgreifen und Vertrauen schaffen” kann. Bei der FDP, offizielle Verursacherin des „Jamaika“-Endes, sind „die Kandidaten der Landesliste sowie die Wahlkreisvertreter „weitestgehend alle bei Facebook angemeldet“, wie es seitens der Partei heißt.  Auf der übersichtlichen Homepage findet sich zwar das Wahlprogramm, über dessen Entwurf jedoch, anders als bei der SPD, nicht online mitdiskutiert werden kann.

Und auch die saarländischen Grünen kämpfen beispielsweise mit einem Facebook-Profil um Stimmen, nicht ohne die Probleme bei der digitalen Wähleransprache zu verschweigen. „Nach wie vor ist es aber so, dass wir einen großen Teil unserer Zielgruppe nicht über Online-Netzwerke erreichen können.“, so die Feststellung des Grünen-Landesgeschäftsführers Thomas Tressel.

„Profitieren die Piraten von dem medialen Hype rund um die Berliner Abgeordnetenhauswahl  oder ist dieser Hype vorbei?“, dies sei, so Parteienforscher Koschmieder, die entscheidende Frage mit Blick auf die saarländischen Piraten. Denn natürlich sei es gerade in Flächenländern für kleine Parteien schwieriger als in Stadtstaaten.

Praktische Probleme kommen für die Saar-Piraten hinzu: „Die Netz-Infrastruktur ist im Saarland noch deutlich verbesserungsbedürftig“, so Thomas Brück, Pressesprecher der saarländischen Piraten. Im Hinblick auf eine mangelnde Online-Affinität der Wählerschaft wurde jedoch vorgesorgt, und so zieht man sicherheitshalber mit der Aktion „Piraten on Tour“ durchs Land: „Mit einer Powerpoint-Präsentation samt integrierten YouTube-Videos stellen wir die Piratenpartei per Leinwand und Beamer in Regionen dar, wo das Internet eine eher untergeordnete Rolle spielt“, so Brück weiter. Eine enorme Herausforderung für die junge Partei, deren Abschneiden im Saarland von bundesweitem Interesse sein wird.

Fazit

Der Kampf der Parteien untereinander mag verbissen sein, online jedoch ist an der Saar wenig Neues zu beobachten, auch wenn es von der SPD heißt, dass im Vergleich zum letzten Wahlkampf 2009 „nicht nur mehr, sondern auch breitere Gesellschaftsgruppen die Kommunikation über das Netz suchen.“. Zugutegehalten muss man den Parteien im Südwesten immerhin, dass ob der kurzen Vorbereitungsphase auch kaum Zeit zur Entwicklung innovativer eCampaigning-Formate war.

 

 

 

 

 

 

 

Privacy Preference Center