Ein rosa Riese auf Abwegen, die Kehrseite sozialer Netzwerke, ein teures Versehen – viel war los in der vergangenen Internetwoche. Da sollte im Zuge des NSU-Prozesses eigentlich auch das Münchner Oberlandesgericht mitbekommen haben, dass das Internet ein gleichberechtigtes Medium ist. Zum Glück geht bald nichts mehr im Netz verloren, nicht mal die Barrierefreiheit.

Video der Woche


Die Telekom ist faktisch im Begriff, die Netzneutralität abzuschaffen; Mehrklassentarifen soll die Zukunft gehören. Zu welchem katastrophalen Szenario dies für die freie Internetnutzung, den freien Wettbewerb und die Meinungsfreiheit im Netz führen kann, zeigt dieses ältere, aber wieder neu hochgeladene Video von Uebermorgen.TV.

Klarnamen-Pflicht bei Facebook

Sollte man sich in Sozialen Netzwerken mit Pseudonymen anmelden dürfen? Klar, sagt Datenschützer Thilo Weichert (Schleswig-Holstein) und verweist auf das deutsche Datenschutzgesetz. Nein, argumentiert Facebook, denn eine Anmeldung mit Pseudonym sei „nicht im Interesse der Mehrheit der Nutzer“, außerdem gelten auch für hiesige Nutzer irische Regelungen, da Facebooks Datenverarbeitung von der grünen Insel aus gelenkt werde. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein gab Facebook in dieser Sache Recht, so darf Herr Zuckerberg weiterhin von seinen User verlangen, sich mit bürgerlichem Namen anzumelden.

Netzneutralität jetzt!

Das Vorhaben des Marktführers Telekom, seine Internetflatrates zu beschränken und eigene Inhalte bevorzugt zu behandeln, ist das netzpolitische Thema der Woche. Die Aussicht, künftig nach 75 Gigabyte Datenvolumen nur noch mit angezogener Handbremse zu surfen, wird keinen Internetnutzer zu Freudensprüngen verleiten. Noch wichtiger ist, dass mit der Drosselung die Netzneutralität preisgegeben wird. Kai Biermann hat hierzu eine klare Meinung: der rosa Riese befindet sich auf dem Holzweg, denn: „Alle Inhalte müssen gleich behandelt werden“. Herausgekommen ist ein Plädoyer für das Grundrecht auf freien Internetzugang und die Forderung, die Netzneutralität endlich als Gesetz festzuschreiben.

Von den Parteien und der Barrierefreiheit

Auch ohne Augenlicht kann man Teil der Web-Community sein: dank Screenreader, Sprachausgabe und Braillezelle können blinde und sehbehinderte Menschen das Internet nutzen. In diesem Zusammenhang fragte sich die Online-Plattform „Hamburger Wahlbeobachter“, wie barrierefrei die Internetseiten der Bundesparteien sind und machte den Test. Ergebnis: von gut bis mangelhaft ist alles vertreten. Die SPD und die Piraten betreiben auf diesem Feld vorbildliche Webauftritte, auch die FDP fällt positiv auf. Bei Grünen und Linken sieht der (selber blinde) Autor Heiko Kunert einiges an Nachholbedarf, der bisherige christdemokratische Internetauftritt war für Menschen ohne bzw. mit beschränktem Augenlicht beinahe nicht zugänglich.

Die dunkle Seite der Mitmachkultur

Die Polizei bat die Bürger nach den Attentaten von Boston um Mithilfe, um die Täter möglichst rasch zu finden. Die Suche nach den Verantwortlichen wurde selbstredend auch online mit hoher Intensität betrieben. Jedoch vergaloppierte sich so mancher selbsternannte Hilfssheriff und versorgte die sozialen Netzwerke munter mit selbsterforschten Verdächtigungen. Fatal dabei: die ‘Ergebnisse’ dieser privaten Ermittlungen wurden teilweise in den etablierten Medien aufgegriffen und diskutiert, völlig unbescholtene Bürger gerieten ins Fadenkreuz der Staatsgewalt. Patrick Breitenbach fordert: ein/e jede/r sollte sich der eigenen Verantwortung, die die Verbreitung von Inhalten im Netz mit sich bringt, bewusst werden.

Online-Medien unwichtig?

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst? Damit wollten sich die türkischen Medien nicht abfinden: sie hatten für den NSU-Prozess keinen Platz ergattern können. Und das, obwohl der Großteil der Opfer des braunen Terrornetzwerkes türkischer Herkunft sind. Die Folge: die Presse- und Medienplätze werden unter millimetergenauer Einteilung in Sprache, Sparte und Erscheinungswiese ausgelost. Online-Medien wird dabei interessanterweise kein fester Platz für die Berichterstattung zugesprochen. Warum? „Das weiß ich nicht“, so eine Gerichtssprecherin. Auch wir sind ratlos.

Tageswebschau – nach einem Jahr schon das Abstellgleis

Die TagesWEBschau, erst vor einem knappen Jahr gestartet, steht schon wieder vor dem Aus. Die ARD-Intendanten haben beschlossen, die Mini-Nachrichtensendung rund ums Thema Internet Anfang Juni abzusetzen. Begründet wird die Entscheidung mit zu geringen Zuschauerzahlen. Bemerkenswert: Wie viele Nutzer die TagesWEBschau geguckt haben, kann gar nicht genau gesagt werden, weil etwa Smartphone-Zugriffe bei der Messung keine Berücksichtigung finden.

Twitter gehackt – Obama unverletzt!

„Angriff aufs Weiße Haus, Obama ist verletzt“ – dieser falsche Tweet der amerikanischen Nachrichtenagentur AP raste am Dienstag über die globalen Bildschirme. Obwohl diese Meldung von anderen Nachrichtenformaten umgehend als Falschinformation abgestempelt wurde, sanken die amerikanischen Aktienkurse  mal eben um 136 Milliarden Dollar. AP ist dabei kein Einzelfall, ein Hackernetzwerk macht sich scheinbar immer häufiger über offizielle Twitteraccounts her. Twitter selbst kündigte verschärfte Sicherheitsstandards an.

Abgespeichert

Das Internet vergisst nichts? Doch, denn wenn Websites, Blogs oder Soziale Netzwerke offline gehen, verschwindet deren Content aus dem Netz. Inhalte, die vor längerer Zeit mal zugänglich waren, lassen sich dann teils nur noch schwer wiederfinden. Die Britische Nationalbibliothek begann daher jüngst mit der Abspeicherung aller britischen Daten des Netzes. „Wenn man sich ein Bild vom heutigen Alltag in Großbritannien machen will, muss man ins Internet schauen“, begründet Projektleiterin Lucie Burgess von der British Library das Anlegen dieses digitalen Elefantengedächtnisses. Die Deutsche Nationalbibliothek plant selbiges auch in Deutschland.