linkeEine aktuelle Studie des Branchenverbands Bitkom gibt die Richtung vor: Gut ein Drittel der Befragten sagt, dass der Internet-Wahlkampf entscheidend für den Ausgang der Bundestagswahl ist, jeder Dritte informiert sich auf Social-Media-Plattformen über Politik. Auch wenn der klassische Wahlkampf damit nicht ersetzt wird, sollte 2013 keine Partei ohne Online-Kampagne in den Kampf um Stimmen ziehen. Wie man Wähler am besten im und ins Netz lockt, darüber haben wir mit den Verantwortlichen gesprochen. Welche Bedeutung hat der Online-Wahlkampf? Kann der User mitmachen? Was tun im Shitstorm?
Unsere Fragen an die Partei DIE LINKE beantwortete Marion Heinrich, die stellvertretende Pressesprecherin in der Bundesgeschäftsstelle.
politik-digital.de: Welche Wählergruppe wollen Sie mit der Online-Kampagne ansprechen?
Marion Heinrich: Die Online-Kampagne ist Teil der Kampagnenführung der LINKEN zu den Wahlen 2013. Neben „altbewährten“ Kommunikationsmitteln wie Plakaten, Großveranstaltungen, Broschüren, Handzetteln oder Anzeigen nimmt die Online-Kommunikation einen hohen Stellenwert als gleichberechtigtes Instrument ein. Die Online-Strategie der LINKEN orientiert sich dabei an den Grundlagendokumenten der Wahlkampfführung (Wahlstrategie, Kommunikationsstrategie usw.). Die Online-Wahlkampagne soll unterschiedliche Wählergruppen ansprechen.
Die Website der LINKEN dient in erster Linie Interessierten und Parteimitgliedern als zentraler Anlaufpunkt, um sich mit Informationen über DIE LINKE zu versorgen. Sie ist unser zentrales Sprachrohr im Netz mit einer sehr allgemeinen Ansprache. Darüber hinaus finden Gliederungen, Aktive, Mitglieder dort alle relevanten Hintergrundinformationen und Arbeitshilfen für ihr alltägliches Engagement in der LINKEN.
Unser Twitter-Kanal dient insbesondere der schnellen Information bei bestimmten Anlässen wie Parteitage, Aktionstage usw. Er richtet sich in erster Linie als Ticker an Multiplikatoren.
Die Facebook-Seite der LINKEN ist – ebenso wie die Seite bei Google+ eine Ergänzung zur Website der LINKEN. Beide Angebote richten sich ebenfalls an ein breiteres Publikum, sind aber im Gegensatz zu die-linke.de dialogorientiert aufgebaut. Wir legen hier Wert auf den schnellen Transport von Informationen und treten mit unseren Nutzerinnen und Nutzern in einen langfristigen Austausch ein.
Die Fotoplattform Flickr nutzen wir als zusätzlichen Distributionskanal für Fotos. Gliederungen und Medien der Partei, externe Medien und sonstige Interessierte können sich hier mit authentischem und unter Creative Commons lizensiertem Bildmaterial kostenlos versorgen.
Ähnlich wie Flickr nutzen wir unseren Youtube-Kanal als Distributionsplattform für Bewegtbild. Die Ansprache richtet sich dabei nach dem jeweiligen Inhalt. Mitschnitte von Pressekonferenzen, Schulungs- und Mobilisierungsvideos dienen in erster Linie der direkten Information unserer Sympathisanten und der Mitgliedschaft. Werbespots, Rapid Response-Videos und dergleichen richten sich an ein breiteres Publikum.
Adhocracy nutzen wir für Mitglieder und Sympathisanten als elektronisches Abstimmungs- und Antragstool zur Herstellung verbindlicher Entscheidungen im Netz. Unser Etherpad-Server ist ein weiteres Kollaborationsinstrument, das insbesondere Gliederungen und Zusammenschlüssen als praktisches Werkzeug zur Textarbeit und Organisierung dient.
politik-digital.de: Wie wichtig ist der Online-Wahlkampf, verglichen mit anderen Werbekanälen? Hat sich bezüglich der Priorisierung etwas im Vergleich zu 2009 geändert?
Marion Heinrich: DIE LINKE hat ihre Online-Strategie in den vergangenen Jahren kontinuierlich fortgeschrieben und weiterentwickelt.Daher ist es im Jahr 2013 weder nötig noch möglich, »einen Schalter umzulegen« und etwas Neues, nie Dagewesenes zu starten. Generell stärken wir alle Instrumente, die den Dialog fördern, die Kollaboration unserer Anhängerinnen und Anhänger verbessern und die Multiplikatoren gezielt ansprechen. Darüber hinaus bauen wir verstärkt auf mobile Anwendungen und haben nennenswert Ressourcen von Print- zu Online-Anzeigen umgeschichtet.
politik-digital.de: Welchen Anteil am Gesamtbudget hat die Online-Kampagne? Gibt es eine Veränderung, verglichen mit 2009?
Marion Heinrich: Das Budget für den Online-Wahlkampf wurde gegenüber 2009 erhöht. Weitere Angaben dazu werden wir nicht veröffentlichen.
politik-digital.de: Welcher Teil des Online-Wahlkampfes ist das Herzstück der Kampagne?
Marion Heinrich: Die Dialogorientierung das Herzstück unserer Kommunikationsstrategie. Das gilt nicht nur im Online-Bereich, sondern auch offline. DIE LINKE setzt gezielt darauf, ihre Anhängerinnen und Anhänger dazu zu motivieren, im Kreis von Kollegen, Freunden und Verwandten über DIE LINKE zu sprechen, zu diskutieren und so selbst zum Botschafter der Partei und ihrer Ziele zu werden. Ohne die Parteibasis kann die Online-Kampagne nicht funktionieren. Selbstverständlich macht die Parteibasis in der Kampagne mit und nimmt darauf Einfluss.

Marion Heinrich ist stellvertretende Pressesprecherin im Berliner Karl-Liebknecht-Haus, der Bundesgeschäftsstelle der LINKEN.

politik-digital.de: Beobachten Sie, wie die Konkurrenz online vorgeht? Kann ggf. flexibel  reagiert werden?
Marion Heinrich: Wir beobachten unsere politischen Konkurrenten und können darauf ggf. auch flexibel reagieren.
politik-digital.de: Wie glaubhaft kann ein kapitalismuskritischer Wahlkampf sein, der (auch) auf Facebook geführt wird – in einem undurchsichtigen, monopolartigen Datensilo?
Marion Heinrich: Wie schon erwähnt, ist Facebook nicht die einzige Option für unseren Online-Wahlkampf. Sicher gibt es Argumente, die für Ihre Einschätzung sprechen, dennoch hieße es sich den Realitäten zu verweigern, würde Facebook als Kommunikationskanal von der LINKEN ausgeschlossen.
politik-digital.de: Räumen Sie dem Internet einen großen Stellenwert bei der Mobilisierung von Nichtwählern ein? Wenn ja, wie funktioniert die Mobilisierung im Netz?
Marion Heinrich: Generell gilt für DIE LINKE: Mobilisierung funktioniert mit einem altbewährten Mix aus Infoständen, Veranstaltungen, Aktionen, mit Anzeigen, Wahlzeitungen, über die klassische Presse und über das Internet. Wir beobachten, dass die Nutzerzahlen im ländlichen Raum erst langsam anziehen und sich – im Verhältnis – den Nutzungsgewohnheiten in urbanen Zentren annähern. Wir erwarten, dass diese Entwicklung anhält.
Ortsverbände bzw. Kreisverbände der LINKEN erreichen wir entweder durch persönliche Ansprache, über Mailinglisten, SMS-Verteiler oder auch über eigens eingerichtete Facebook-Gruppen (sofern diese vor Ort genutzt werden).
politik-digital.de: Wo online um Wähler geworben wird, ist der Shitstorm nicht weit. Haben Sie eine „Eingreiftruppe“? Wie wird die intervenieren?
Marion Heinrich: Wir reagieren entsprechend professionell.
 
Hier finden Sie Teil 1 der Reihe: Christophe Chan Hin von den Piraten im Interview.
Hier finden Sie Teil 2 der Reihe: Interview mit Uwe Göpel (CDU).
Hier finden Sie Teil 3 der Reihe: Tommy Diener, FDP, im Interview.
Auch unser 3. Berliner Hinterhofgespräch hatte das Thema “Auf Stimmenfang im #Neuland – Die Online-Kampagnen zur Bundestagswahl”. Hier geht’s zum Video.
 
Bild: Sebastian Drescher