Sie würde ja so gerne. Aber es geht nicht. Franziska van Almsick kann auf ihrer
Website kein Sydney-Tagebuch führen.
Weil sich angeblich weit und breit im Olympischen Dorf kein Internetzugang finden lässt. Ob das der
wirkliche Grund ist? Laut Internationalem Olympischen Komitee (IOC) dürfte sie das nämlich
sowieso nicht tun.

Die Athleten dürfen zwar in den Zeitungen ihrer Heimatorte Tagebücher veröffentlichen;
sobald diese ins Netz gestellt werden, geht allerdings die rote Fahne hoch, und der Sportler riskiert den
Ausschluss von den Olympischen Spielen. Dieses Verbot gilt nicht nur für die eigenen Homepages der
Athleten, sondern auch für die ihrer Sponsoren, Zeitungen und sogar die der offiziellen Olympia-Medienpartner.

Die Logik dahinter?

Offiziell soll durch diese Rundum-Sperre verhindert werden, dass die Sportler im Netz Neuigkeiten
über die anderen Athleten enthüllen. So viel Uneigennützigkeit seitens des IOC wirkt
nicht besonders glaubwürdig. Warum sollten die Sportler im Internet freizügiger erzählen
als in ihrer Heimatzeitung oder in den weiterhin erlaubten Interviews?

Eine wirklich überzeugende Argumentation bietet das IOC nicht. Denn die
Regel Nummer 59
der Olympic Charta erwähnt nicht konkret das Internet oder andere Medien, es verbietet nur allgemein
journalistische Aktivitäten der Athleten während der Olympischen Spiele. Dass allerdings ein
Internet-Tagebuch journalistischer sein soll als ein Tagebuch in einer Lokalzeitung ist nicht plausibel.

Vielleicht ist die ganze Aufregung auch umsonst. Das IOC und seine nationalen Komitees werden kaum
alle Websites der Athleten, der Zeitungen und der Sponsoren ständig auf Verdächtiges hin
überprüfen. Allerdings riskiert ein Athlet, der es darauf ankommen lässt, einen Ausschluss
von den Spielen. Wie hart tatsächlich durchgegriffen werden wird, ist nicht ganz klar. Die
Auseinandersetzung bewegt sich in einer riesigen Grauzone.

Die Schwimmerin Sandra Völker wagt sich hinein. Sie schreibt nicht nur in der Printausgabe der
Hamburger Morgenpost ein Sydney-Tagebuch, sondern auch in der
Online-Version. Für das Magazin
Stern und
eVITA von der Deutschen Post
ist Völker ebenfalls online unterwegs.

Der Spiegel ist da vorsichtiger, er nutzt anscheinend den Interview-Trick: Auf seiner Website werden
tägliche Interviews mit
den Beachvolleyballern Olli Oetke und Andi Scheuerpflug ankündigt. Vielleicht würden die
beiden ein Tagebuch schreiben, wenn es erlaubt wäre?

Auch die meisten anderen Athleten halten sich zurück. Einige erwähnen auf ihren Sites die
Olympischen Spiele gar nicht erst, so der Turner Andreas
Wecker
, andere hören bei Berichten zur Vorbereitung auf, wie der Zehnkämpfer
Frank Busemann.
Der australische Starschwimmer Ian Thorpe äußert sich während der Spiele nicht einmal zu
harmlosen Fan-Fragen nach
seiner Lieblings-Simponsfigur oder ob er Wassermelonen mag. Teamkollege Daniel Kowalski lässt seine
Website ebenfalls ruhen. Er ist allerdings der einzige, der so ehrlich ist und als Grund
den IOC-Vertrag angibt.

Gerade das Ereignis Olympia ist natürlich ein Highlight für die Fans, eine Webpage wäre
das geeignete Medium der Star-Fan-Kommunikation. Doch das IOC entdeckt das Thema "Sport und Neue
Medien" gerade erst. Vor vier Jahren hatten die Homepages der Sportler noch keine große Bedeutung,
heute dagegen zeugen gut besuchte Fan-Foren und Gästebücher von regem Interesse an den Sites.
In der Zeit dazwischen hat das IOC die Entwicklung offensichtlich nicht sehr aufmerksam beobachtet und
darum jetzt überhastet die Rundum-Internetsperre verhängt.

Konkrete Regeln für den Umgang mit dem Internet sollen im Dezember auf einer
IOC-Konferenz zum Thema
"Sport und Neue Medien" gefunden werden. Für Sydney kommt die Initiative jedoch zu spät.