Wie auch ihr Name ist Grietje Bettin "nordic by nature". Seit April
sitzt die 24 jährige aber als jüngste Abgeordnete für
Bündnis 90/Grüne im Berliner Bundestag. Die medienpolitische
Sprecherin des Unterausschusses Neue Medien gibt im politik-digital
Interview Auskunft über ihre politischen Ziele und erzählt
von ihrem neuen Leben als Mitglied des Bundestags.
Medienpolitik sucht engagierte Internet-Userin

Grietje Bettin

Grietje Bettin

Die Junggrüne mit dem unverwechselbar nordischen Namen Grietje Bettin ist seit April diesen Jahres eine
der 669 Parlamentariern im Deutschen Bundestag. Was sie von den 668 anderen unterscheidet, ist nicht
nur ihr jugendliches Alter. Die 24 jährige Pädagogikstudentin will vor allem das vernachlässigte
medienpolitische Engagement der Gesetzgebung ins Rollen bringen.

Der erste Blick auf den Lebenslauf der Schleswig-Holsteinerin trägt keine Ungewöhnlichkeiten zu Tage:
Arbeit in der Schülervertretung, Jugendorganisation, Parteimitgliedschaft, Landesvorstand der Partei,
Einzug in den Bundestag- nur das Grietje Bettin dies in weniger als zehn Jahren durchlaufen hat. Ihre,
wohl als steil zu bezeichnende, Karriere ist Zeugnis von politischer Kompetenz, Natürlichkeit und
Durchsetzungsvermögen.
Sachpolitisch liegt Grietje Bettin genau im Trend der Zeit. Medienpolitik ist bisher immer ein Feld
gewesen, dass breit als bedeutend erachtet wurde, über Willensbekundungen seitens der Politik ging es
jedoch kaum hinaus.

Ihre Diplomarbeit schreibt die Pädagogikstudentin zum Thema " Politische Jugendbildung im Zeitalter der
neuen Medien". Was sie im Rahmen ihrer Examensarbeit wissenschaftlich diskutiert, spiegelt auch ihr
politisches Engagement wieder. Dem Informationsstrom, den man im Zeitalter der Informationsgesellschaft
ausgesetzt ist, wolle die junge Politikerin durch kritische Bewusstseinsschärfung und Medienkompetenz der
User begegnen. Als medienpolitische Sprecherin des Unterausschusses ‘Neue Medien’ beabsichtige sie mit
Parlamentariern aus unterschiedlichen Politikbereichen Konzepte zu entwickeln, um einen Weg im Umgang
mit den Medien, bei Freiheit auf der einen Seite und Kontrolle und Sicherheit auf der anderen Seite, zu finden.
Dass die geborene Eutinerin aufgrund ihres jungen Alters von den "alten Hasen" im politischen Geschäft nicht
ernst genommen werden könnte, kümmert sie wenig. Die Zugehörigkeit zur so genannten ‘Generation @’ bringe
ihr eher Vorteile, wenn es um medienpolitische Sachnähe geht.

Trotz 140 E-Mail Anfragen und zahlreichen Abendveranstaltungen lässt sich die versierte Abgeordnete
das Leben in Berlin nicht nehmen. Die Wirklichkeit wolle Sie im Auge behalten, um sich nicht in einem
politischen Elfenbeinturm zu verlieren. Ihren Sinn für Realitäten und für die Neuen Medien stellte Grietje Bettin auch
im politik-digital Interview unter Beweis:


politik-digital:
Meine Suche im Netz nach Deiner Hompage verlief erfolglos. Wird sich das ob Deiner jetzigen
Funktion ändern?

Bettin: Bis dato benötigte ich keine. Jetzt ist sie in Auftrag gegeben.


politik-digital:
Was ist Dir bei der Konzeption einer persönlichen Seite im www besonders wichtig?

Bettin: Vor allem die Möglichkeit zum Dialog soll geschaffen werden. Im Hinterkopf habe ich da die Seite von
Cem Özdemir, die ich sehr gelungen finde.


politik-digital:
Welche politischen Ziele hast du dir gesetzt, als für dich feststand, dass du ab sofort bundespolitisch arbeiten
wirst?

Bettin: Ich habe immer den Anspruch gehabt, dass auch meine Generation, also die, die als Studenten oder junge
Arbeitnehmer ganz erhebliche Impulse in die politische Debatte einbringen können, in der Politik vertreten ist.
Anfangs in der Schülervertretung habe ich die Positionen der Schüler gegenüber den Lehrern vertreten, später
in der Jugendorganisation dann die politischen Ansichten der Jüngeren in der Partei.
Speziell im Medienbereich, in dem ich mich als medienpolitische Sprecherin besonders stark mache,
wurde bis jetzt stets nur das Nötigste getan.
Es gilt, den Weg zwischen Kontrolle auf der einen Seite und Freiheit auf der anderen Seite im Umgang mit
den neuen Medien zu finden.


politik-digital:
Hast Du Dich in deiner neuen Rolle als MdB schon gut eingelebt?

Bettin: In den ersten zwei Woche ratterte mein Kopf unaufhörlich. Es gibt gewisse Floskeln und Rituale, die man
einfach einhalten muss: Sitzordnungen, korrekte Anredeformen.
Vor allem merke ich, dass ich hier mehr bewirken kann und das ist schon ganz cool.


politik-digital:
Wo genau hast Du erlebt, dass Du als MdB bundespolitisch nun mehr bewegen kannst?

Bettin: Ich sitze in dem Unterausschuss ‚Neue Medien’. Hier fördern wir die Kommunikation zwischen den
verschiedenen Ausschüssen: Innenpolitik, Recht, Bildung und Jugendschutz. Ziel der Ausschussarbeit ist es,
dass Medienpolitik, die in allen Bereichen eine wachsende Rolle spielt, nicht losgelöst voneinander stattfindet.


politik-digital:
Welchen Beitrag leistet Deiner Meinung nach das Internet für die Entwicklung der politischen Kultur in
Deutschland?

Bettin: In der Partei in Schleswig Holstein haben wir die Kommunikation zum großen Teil auf Email- Verteiler umgestellt.
Jedes Mitglied und jeder Interessent hat so leichteren Zugriff auf politische Inhalte und Informationen. Das
ist ein Beitrag zur Demokratisierung, da Informationen für einen breiteren Kreis zugänglich werden. Gerade in
Flächenländern, wie Schleswig-Holstein zahlt sich das aus. Natürlich darf der Informationsverkehr nicht einseitig
stattfinden. Das Internet bietet auch die Möglichkeit Protest kundzutun, was persönlich nicht immer möglich ist,
da kaum ein Parteimitglied auf allen Sitzungen präsent sein kann.


politik-digital:
Wo siehst du Deinen eigenen Beitrag in der Mitgestaltung der Informationsgesellschaft?

Bettin: Die sinnvolle Vernetzung unterschiedlicher Politikbereiche, wenn es um die Nutzung und den Umgang mit dem
neuen Medium geht, ist mir sehr wichtig. Die Chance, dass jeder die Informationsgesellschaft mitgestalten kann,
ist jedoch nur im Einklang zu verwirklichen.


politik-digital:
Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Mandy Schielke.