Am 13.9.2003 ist ein neues Urhebergesetz in Kraft getreten. Wie stehen Rechteinhaber und Verbraucherschützer zu den Änderungen? Starker Widerstand formiert sich auf beiden Seiten im Vorfeld.

Seit dem 13.9.2003 ist die Novelle des Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und damit In Kraft getreten. Bei der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause am 11.Juli 2003 hatte der Bundesrat dem novellierten Gesetz zur Urheberschaft zugestimmt. Im Vorfeld war das Gesetz allerdings noch vom Vermittlungsausschuss nachgebessert worden. Am 11.4.2003 hatte bereits der Deutsche Bundestag der
Gesetzesnovelle zur Gestaltung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft mit den
Stimmen der Abgeordneten von SPD, Grüne und CDU/CSU zugestimmt. Die Abgeordneten der
FDP allerdings lehnten den Entwurf ab, da er ihrer Meinung nach die Belange der Rechteinhaber nicht genügend beachte.

Ratswünsche

Der Bundesrat hatte das Gesetz bei seiner Ratifizierung am 23. Mai nicht angenommen. Er hielt die Ausdehnung des Urheberrechtsschutzes auf private Normwerke, auf die in Gesetzen, Verordnungen oder amtlichen Bekanntmachungen verwiesen wird, für sachlich ungerechtfertigt“ und verlangte eine „Ergänzung zur Schrankenregelung der Privatkopien“. Ein
Vermittlungsausschuss wurde eingesetzt. Dieser hat am 2. Juli eine Beschlussempfehlung veröffentlicht. Eine Privatkopie ist legal, „soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrige Quelle verwendet“ wird. Damit haben die Rechteinhaber zwar weiter Boden gutgemacht in ihrem Kampf gegen Raubkopien und Tauschbörsen, doch weit genug geht ihnen das Gesetz noch nicht. Das Wort „offensichtlich“ solle gestrichen werden. Denn in der Tat entsteht so eine rechtliche Grauzone, die auch für Benutzer von Tauschbörsen unangenehme Folgen haben kann. Woher soll ein Nutzer wissen, wie sein Tauschpartner an die Datei gekommen ist? Ab wann ist eine Kopie offensichtlich rechtswidrig, wenn der Tausch aber anonym abläuft?

Die Diskussion der weiterhin strittigen Themen soll ein sogenannter „zweiter Korb“ regeln, die zwar relevant sind für Rechteinhaber, Rechteverwerter und Verbraucherschützer, aber nicht entsprechend der EU-Richtlinie unbedingt umgesetzt werden müssen.

Unumstritten ist nur, dass weder Rechteinhaber noch Verbraucherschützer wirklich glücklich sind mit dem Beschluss und sich vielleicht nun auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit seiner Rechtmäßigkeit beschäftigen muss. Denn eine Softwarefirma aus Süddeutschland will
gegen das Gesetz klagen.

Mehr oder weniger unzufrieden mit dem Gesetz

Allerdings ist der Grad der Unzufriedenheit auf den gegnerischen Seiten verschieden: Während die Rechteinhaber und Verwerter eher zufrieden waren, knirschten die Verbraucherschützer mit den Zähnen.

So war Gerd Gebhardt, der Vorsitzende der
deutschen Phonoverbände, glücklich, “dass dieser längst überfällige Beschluss endlich zustande gekommen ist. Damit erhalten wir zumindest einige der Rahmenbedingungen, die für die Tonträgerhersteller dringend erforderlich sind”. Auch bei der
GEMA rieb man sich die Hände, denn die vom Deutschen Bundestag verabschiedete
Novelle zum Urheberrecht sei ein Schritt in die richtige Richtung.

Trotz aller Freude geht den Wirtschaftsverbänden das Gesetz nicht weit genug. Den Phonoverbänden fehlt das deutliche Verbot, aus illegalen Quellen keine legalen Kopien anfertigen zu dürfen. Das sei legalisierte Hehlerei mit gestohlener Musik. Und der GEMA Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Reinhold Kreile forderte die Bundesregierung auf, „in der angekündigten weiteren Urheberrechtsnovelle, die Vergütung für das private Kopieren anzuheben, um die Angemessenheit der Vergütung für den schöpferischen Urheber wieder herzustellen.”

Auch der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., kurz
Bitkom, bedauerte, dass der Bundestag versäumt habe, eine bindende Regelung bezüglich der Pauschalabgaben auf digitale Geräte in das Gesetz aufzunehmen. Man hätte sich dort eine klare Aussage gegen diese Abgaben, insbesondere auf Drucker und PC, gewünscht. Dies erhoffe man sich nun vom „zweiten Korb“, den die Justizministerin angekündigt hat. „Es bleibt für den Gesetzgeber noch viel zu tun.” mahnte Gerd Gebhard die Regierung.

Davon war auch die Gegenseite überzeugt, aber damit hört auch schon die Gemeinsamkeit auf. Auf der Seite der Verbraucherschützer machte sich großer Unmut breit: Die Initiative Privatkopie.net stellte in einer
Stellungnahme fest, dass die Bürger zwar theoretisch auch weiterhin Kopien von veröffentlichten Werken für ihren persönlichen Gebrauch herstellen dürften, aber in Wirklichkeit schaffe das neue Gesetz durch das Umgehungsverbot von Kopierschutztechniken und Systemen zum Digital Rights Management „die Privatkopie im digitalen Bereich jedoch ab. Damit laufe jeder, der seinem Recht auf Privatkopie nachgehe, Gefahr, von der Medienindustrie auf Schadensersatz verklagt zu werden.“

Streitpunkt Privatkopie

Was die digitale Privatkopie angeht, bietet das Gesetz eine verwirrende Regelung an. Es sieht zwar vor, dass weiterhin einzelne Privatkopien von Filmen, Büchern und Musik gemacht werden dürfen. Allerdings ist es verboten, den Kopierschutz zu umgehen und Software, die diesen knackt, herzustellen, zu verbreiten und zu nutzen. Andererseits ist laut Paragraph 95b des UrhG die Wirtschaft verpflichtet, dem Nutzer dafür „die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen“. Leider ohne nähere Definition, wie und was passiert, wenn das nicht geschieht. Und da die Industrie plant, auf alle ihre Werke einen Kopierschutz zu legen, der ja nicht umgangen werden darf, würde die legale digitale Privatkopie mit der Zeit aussterben. Aber das scheint Teilen des Bundesjustizministeriums nicht unwillkommen zu sein, bezeichnete der parlamentarische Staatssekretär Alfred Hartenbach die digitale Privatkopie während des
Festakts zum 100-jährigen Jubiläum der “Tantiemen-Gesellschaft” doch als „Gefahrenherd“.

Erschienen am 28.08.2003