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Der Nationale IT-Gipfel fand in diesem Jahr erstmals an zwei Tagen statt: Am 18. und 19. November trafen sich die hiesigen Granden aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in der deutschen Hauptstadt, um unter dem Motto „Digitale Zukunft gestalten_innovativ_sicher_leistungsstark“ über eines der Themen unserer Zeit zu diskutieren – die digitale Transformation.

Dass hier noch dringender Handlungsbedarf besteht, hat die Politik erkannt.  So rückte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit gleich fünf Ministern zum diesjährigen IT-Gipfel  in der Arena Treptow an: Neben den drei Digitalministern Sigmar Gabriel (SPD), Alexander Dobrindt (CSU) und Thomas de Maizière (CDU) waren auch Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) dabei. „Wir sind heute so viele, wir sind fast beschlussfähig im Sinne der Bundesregierung“, scherzte die Kanzlerin in ihrer Begrüßungsrede.

Vor gut einem Jahr hatte die Bundesregierung mit der Digitalen Agenda 2014-2017 Schwerpunkte für die Digitalisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft gesetzt. Der IT-Gipfel, als zentrale Dialog- und Umsetzungsplattform, fungiert seitdem als Motor und Beschleuniger für die weitere Umsetzung und Fortentwicklung der Digitalen Agenda. Bereits während des Auftaktprogramms präsentierten die ganzjährig tagenden Plattformen und Foren bereits erreichten Meilensteine und stellten zukünftige Projekte vor. Das Ziel: Deutschland soll bei der Digitalisierung das führende Land in Europa werden. Dafür bedarf es einer  neuen Gründerkultur, der erfolgreichen Gestaltung von Industrie 4.0 und der digitalen Arbeitswelt, einer leistungsstarken Infrastruktur, einer funktionierenden Kreativwirtschaft, einer digitalen öffentlichen Verwaltung sowie Sicherheit und Vertrauen in digitale Technologien.

Doch laut einer Studie, die das Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hatte, stehe Deutschland in Sachen Digitalisierung gar nicht so gut da wie häufig gelobt: In einem Zehn-Länder-Vergleich sackte Deutschland auf den sechsten Platz ab und bewegt sich nur im Mittelmaß, während sich China auf der Überholspur befindet.

Breitbandausbau: Bis 2018 50 Mbit pro Sekunde in jedem deutschen Haushalt

Einen wesentlichen Knackpunkt stellt die Infrastruktur dar: Schnelles flächendeckendes Internet fehlt im ländlichen Raum noch immer. Angela Merkel verspricht: „Bis 2018 werden 50 Megabit pro Sekunde in jedem deutschen Haushalt verfügbar sein.“ Dem Bundeswirtschaftsminister reicht mehr Breitband auf dem Land allerdings nicht aus: „Unser Ziel muss eigentlich lauten, in Deutschland bis 2025 die beste digitale Infrastruktur der Welt zu haben.“ Ein sehr ambitioniertes Ziel. Um das zu erreichen, müssten Politik und Wirtschaft Hand in Hand zusammenarbeiten.

5G: Infrastruktur für die Technologien der Zukunft

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller plant, die deutsche Hauptstadt zum Vorreiter für den  neuen Mobilfunkstandard 5G zu machen. Für die vernetzte Gesellschaft und die Technologien der Zukunft, wie autonomes Fahren, sei eine ultraschnelle, sichere und zuverlässige mobile Infrastruktur unerlässlich. So heißt es auch in der Berliner Erklärung, dem Manifest des 9. IT-Gipfels: „Wir wollen Deutschland gemeinsam zum weltweiten Leitanbieter und Leitmarkt für intelligente Mobilität machen. Technologische Treiber zum Erreichen dieser Ziele sind die Konvergenz von Fest- und Mobilfunknetzen sowie die Mobilfunk- und Netztechnologie 5G, deren Markteinführung für 2020 angestrebt wird.“

Neues Förderprogramm des BMWi: Impulse für die digitale Transformation

Die Digitalisierung müsse laut Bundeskanzlerin Angela Merkel „tief in die Breite der Wirtschaft“ gehen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat dafür ein neues Förderprogramm „Digitale Technologien für die Wirtschaft“ gestartet, das mit 50 Millionen Euro ausgestattet ist. Es soll Unternehmen dabei unterstützen, ihre Geschäftsmodelle der Digitalisierung anzupassen oder gar völlig neue Konzepte zu entwickeln. Deutschland müsse weiter zu den „Champions der Wertschöpfung“ gehören und dürfe nicht zur „verlängerten Werkbank“ werden, forderte Merkel eindringlich.

Der Mittelstand hinkt hinterher

Doch die Notwendigkeit der Digitalisierung ist noch lange nicht in allen Köpfen angekommen. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen seien häufig der Meinung, dass die Digitalisierung nicht zu ihrem Kerngeschäft gehöre, bedauerte Bundeswirtschaftsminister Gabriel. Dass der  Mittelstand hinterher hinke, bekräftigt auch Bitkom-Präsident Thorsten Dirks. Um die deutschen Leitbranchen erfolgreich zu digitalisieren, müsste aber auch der Mittelstand das Netz als Chance begreifen.

Hubs: Digitale Ökosysteme als Innovationstreiber

Diesem Rückstand will der Bitkom mit sogenannten „Hubs“ entgegenwirken. Orte, „an denen sich die digitale Avantgarde versammelt“ – Flaggschiffe, Mittelstand, Start-ups, Hochschulen, Forschungszentren und Investoren. Nur durch die Schaffung digitaler Knotenpunkte und die Bündelung von Kräften könne die digitale Transformation unserer Gesellschaft angeschoben werden, verdeutlichte Dirks. Merkel unterstützt diese Idee. Sie habe verstanden, dass die bisherigen Clusterinitiativen zu statisch seien. Der dem Hub-Konzept zugrundeliegende kooperative Ansatz spiegele sich ihrer Meinung nach auch im IT-Gipfel wider und zeige: „Das gemeinsame Beschreiten von Neuland macht Spaß.“

Staat 4.0: Jetzt oder nie

Auch die aktuelle Problematik bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise kam beim 9. IT-Gipfel zur Sprache. Sie zeige eindrücklich, wie starr die bestehenden Prozesse seien und wie wenig vernetzt die Behörden agieren, sagte der Vorstandsvorsitzende der Software AG Karl-Heinz Streibich. Der Daten- und Informationsfluss müsse hier dringend verbessert werden. Die Plattform „Digitale Verwaltung und Öffentliche IT“ verfolgt deshalb das Ziel, die Potenziale der Digitalisierung der deutschen Verwaltung für Bürger und Unternehmen zu analysieren und konkrete Handlungsempfehlungen aufzuzeigen. Man brauche einen digitalen Staat, der Strukturen im Sinne des Innovationsgedankens aus Bürger- und Unternehmenssicht gestaltet. Nur so könne den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit begegnet werden.

In der „Berliner Erklärung“ verständigten sich die Gipfelteilnehmerinnen und -nehmer darauf, den Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in den kommenden Jahren intensiv fortzusetzen: „Nur wenn wir zügig und entschlossen die Gelegenheit nutzen, uns gemeinsam auf die tiefgreifenden Veränderungen vorzubereiten, werden wir auch in Zukunft von diesem Wandel profitieren.“ Mein Fazit zum 9. Nationalen IT-Gipfel: Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Wir müssen jetzt handeln – überlegt, zügig und konsequent.

Bild: stefan.erschwendner, CC BY-SA 2.0

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