Am vergangenen Mittwoch tauschten sich Peer Steinbrück und Frank Schmiechen beim UdL-Digital Talk über Chancen und Risiken digitaler Kommunikation aus.  Zwei Tage später wurde bekannt, dass Steinbrück bei der Bundestagswahl 2013 als Kanzlerkandidat der SPD antreten wird. Wie beurteilt der Hoffnungsträger der Sozialdemokraten die neuen Kommunikationskanäle? politik-digital.de war vor Ort und fasst das Gespräch zusammen.

Seit diesem Wochenende ist es raus: Peer Steinbrück wird als Kanzlerkandidat für die SPD in den bevorstehenden Bundestagswahlkampf ziehen. Wie es der ehemalige Finanzminister mit dem Internet und den Social-Media-Kanälen hält, konnte man vergangenen Mittwoch -also kurz vor der Nominierung zum Kanzlerkandidaten- im UdL-Digital Talk beobachten. Vor der weltgrößten Twitter-Installation des Berliner Base-Camps diskutierte Peer Steinbrück mit Frank Schmiechen, dem stellvertretenden Chefredakteur der WELT über die neuen Kommunikationskanäle, die das Internet bereithält. Moderiert wurde die Veranstaltung von Cherno Jobatey.

Ein kritischer SPD-Kandidat

Die Frage des Abends drehte sich vor allem um die Vergleichbarkeit eines face-to-face Gesprächs mit der Kommunikation über digitale Kanäle. Steinbrücks und Schmiechens Auffassungen lagen dabei denkbar weit auseinander. Steinbrück bekannte, nicht zu twittern und seinen Facebook-Account von seinen Mitarbeitern führen zu lassen. Gleichzeitig wies er auf die zahlreichen Gefahren des Internets hin und mahnte zur Vorsicht. Besonders große Unternehmen würden von privaten Nutzerdaten profitieren. „Ein falsches Foto eines 15-jährigen ist auch 30 Jahre später noch auffindbar“, so Steinbrücks kritische Haltung. Durch die allzu freizügige Preisgabe von Informationen durch die Nutzer fürchte er das Anlegen von Bewegungsprofilen, wenn nicht sogar Gesundheitsprofilen: “Eines Tages kannst du nicht mehr in die USA einreisen, weil du eine fünfzig-prozentige Wahrscheinlichkeit eines Schlaganfalls hast”.

Schmiechen hingegen artikulierte deutlich weniger Gefahren und gab zu bedenken, dass Schlimmes auch immer in der analogen Welt passieren könnte. Dass wir vor allem die Probleme des Internets in den Fokus nehmen, liege daran, dass wir gegenüber den neuen Kanälen noch „blutige Anfänger“ seien. Auch was die Kommunikation in den neuen Kanälen betrifft, müsse noch vieles durch die Nutzer gelernt werden.

Internet als Ort für authentische Politiker

Frank Schmiechen ermunterte im Laufe des Gesprächs den Bundesminister a.D. die neuen Kommunikationswege aktiv zu nutzen. Schließlich sei das Internet der „ideale Spielplatz“ für eine authentische Person wie Peer Steinbrück. Doch der designierte SPD-Kanzlerkandidat blieb skeptisch und stellte klar, dass gute Politik in beiden Sphären stattfinden müsse, wie aktuell das Beispiel des Bürger-Dialogs der SPD zeige. „Dieser findet sowohl im Internet als auch auf dem Marktplatz statt“, erklärte Steinbrück das ambitionierte SPD-Projekt.

Für Schmiechen war dennoch klar, dass Politiker in die digitale Welt gehen müssten, um auch dort Volksnähe zu zeigen. Und dazu gehöre nun mal die Nutzung von Twitter. Im Fall von Peer Steinbrück würde allerdings ein plötzliches Eintreten in die Welt der digitalen Kurzmitteilungen von den Bürgern sicherlich als inszeniert empfunden. Insbesondere zwölf Monate vor der Bundestagswahl. Außerdem gab Steinbrück zu, dass er das twittern womöglich erst noch erlernen müsse. Dazu äußerte er: „Das ist nicht authentisch. Ich spring da jetzt nicht rein. Ich mach das so weiter wie bisher.“

Die Diskussion zeigte deutlich die Kluft zwischen denen, die vor allem online leben und sich selbstverständlich durchs Netz bewegen und denen, die klassische Kommunikation bevorzugen und sich eher offline verorten. Die Meinung von Schmiechen, dass neue Medien nicht mehr wegzudenken seien und heute als zentrale Kommunikationsräume fungierten, dürfte mittlerweile auch eine wachsende Zahl an Bürgern vertreten. Steinbrück blieb an diesem Abend hingegen skeptisch gegenüber den neuen Möglichkeiten des Internets. Er machte klar, dass er sich auch künftig nicht so freizügig im Netz präsentieren wolle. Gerade der Umgang mit privaten Daten müsse sehr sorgfältig geschehen, denn es bestehe grundsätzlich die Gefahr einer „Diktatur der Transparenz“. Obwohl Steinbrück mehrfach die Relevanz der neuen Medien beteuerte, scheint er persönlich nicht besonders angetan von den Kommunikationsräumen des Internets.

Unter Mitarbeit von Alexander Wilke

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