Logo der VerfassungsinitiativeDer Inselstaat ist nicht nur eine Trauminsel der Pressefreiheit, sondern lässt seine Bürger auch über das Internet an der Ausarbeitung einer neuen Verfassung mitwirken.

Während hierzulande der sogenannte Wutbürger noch um mehr politische Beteiligung ringt, sind die Isländer schon einen gewaltigen Schritt weiter. Derzeit arbeitet der Verfassungsrat des Inselstaats eine neue Verfassung aus, um die im Jahre 1944 größtenteils von den Dänen übernommene alte Konstitution zu ersetzen. Die Bürger sind ausdrücklich dazu aufgerufen, am Verfassungsentwurf mitzuarbeiten. Über Facebook, wo zwei Drittel der Bevölkerung registriert sein sollen, und die Webseite des Verfassungsrats können die Isländer Vorschläge für das neue Rechtsdokument diskutieren und selbst einbringen.

(Facebook-Seite der Verfassungsinitiative)

Im britischen Guardian stellt Thorvaldur Gylfason, Mitglied des isländischen Verfassungsrates, fest: “Ich glaube, dass dies das erste Mal ist, dass eine Verfassung hauptsächlich im Internet ausgearbeitet wird. […] Die Öffentlichkeit sieht die Verfassung vor ihren Augen entstehen … Das unterscheidet sich sehr von früheren Zeiten, als die Verfassungsväter es zuweilen besser fanden, sich auszuklinken – nicht sicht- und erreichbar.“ Keine Frage: Den Isländern die Möglichkeit einzuräumen, an der Ausarbeitung der Verfassung ihres Landes aktiv über das Netz mitzuwirken, ist in puncto politischer Partizipation innovativ und vorbildlich. Interessant wird es aber sein, zu sehen, wie viele Bürger davon tatsächlich Gebrauch machen. Die quantitative Beteiligung an der über soziale Medien wie Twitter, Facebook und Youtube vom isländischen Verfassungsrat kommunizierten und durchgeführten Verfassungsdiskussion scheint noch recht bescheiden auszufallen, schaut man sich allein die Nutzerzahlen an. Die qualitative Beteiligung ist laut Gylfason aber gut: „Es gab viel Wohlwollen für unsere Initiative. Die Öffentlichkeit hat einiges zu unserer Debatte beigetragen. Die Kommentare waren sehr hilfreich und hatten einen positiven Effekt auf das Ergebnis.“ Andererseits wird sich erst nach dem für Juli 2011 angepeilten Ende der Verfassungsdiskussion zeigen, welche der von isländischen Bürgern eingebrachten Ideen und Vorschläge konkret in die neue Konstitution eingeflossen sind.

In einem kleinen Staat wie Island mit seinen rund 318.000 Einwohnern ist es sicherlich viel einfacher, eine solche Debatte durchzuführen, als z.B. im bevölkerungsreichen Deutschland. Doch gerade das Netz könnte hier ein adäquates Mittel sein, um diese vermeintliche Hürde zu überwinden. In erster Linie bedarf es dafür aber des politischen Willens von Regierung und Volksvertretern! Siehe zum Thema auch: http://www.european-circle.de.