Wahlkampf in Thüringen:


Wahlkampf in Thüringen:

Die NPD fällt negativ auf, da sie eine offiziell klingende Web-Adresse nutzt – dazu ohne Parteilogo. Vereinzelte Perlen heben das durchschnittliche Niveau der Internetangebote der anderen Parteien. Von Martin Falbe und Clemens Lerche.

Das Superwahljahr 2004 geht in die nächste Runde. Am 13. Juni 2004 sind die Thüringer aufgerufen, die Zusammensetzung des Erfurter Landtages nach fünf Jahren neu zu bestimmen.

NPD weckt falsche Erwartung

Statt der DVU kämpft diesmal die NPD um Proteststimmen am rechten Rand. Eigentlich ist der Netzauftritt keine Erwähnung wert.

Aber die am Parteiverbot vorbeigeschrammte NPD versteht es auf besondere Art, ihrem Online-Auftritt Präsenz zu verschaffen: Sie hat sich zusätzlich die quasi offiziell-klingende Adresse
www.landtagswahl-thueringen.de gesichert. Hinter dieser Adresse vermutet man eher die Seite des Landtages oder

anderer öffentlicher Stellen. Kein Partei-Logo, nur ein klein-geschriebener Verweis verrät die Urheber, die sich erst auf den zweiten Blick zu Erkennen geben: stattdessen das Landeswappen im Kopfbereich der Seite und der Schriftzug "Landtagswahlen Thüringen". Die Seite zeigt an anderer Stelle eine ganz besondere Medienkompetenz. Unter "Kontakt" gibt es einzig ein Webmailformular. Dort warnt ein Hinweis in roter Schrift vor dem "Missbrauch", da die IP-Adresse des Nutzers gespeichert werde.

Koalitionspoker
in Erfurt

Da die absolute Mehrheit für die CDU in Thüringen nach den jüngsten Umfragen unerreichbar zu sein scheint, wird heftig über mögliche Koalitionen spekuliert. FDP und Grüne können auf einen Wiedereinzug in das Landesparlament hoffen, dem beide Parteien seit 1994 nicht mehr angehören. Das Drei-Parteien-System (CDU, SPD und PDS) steht vor dem Ende. Doch erfährt der Internetsurfer von diesen aktuellen Entwicklungen? Oder wird er mit schlichter Wahlkampfrhetorik berieselt? Eins haben alle Parteien gemein: Noch nicht gebräuchliche Umlaute im Domain-Namen erschweren das Eintippen der Webadressen: thueringeniststaerker ist ein Beispiel dafür.

CDU: siegesgewiss mit wenig innovativem Webauftritt

Die CDU setzt ganz auf die Person ihres Ministerpräsidenten Dieter Althaus. Seine
Homepage wuchert mit dem Amtsbonus. Dem Wahlkampf wird kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Lediglich der Link "Team Althaus" verweist auf den laufenden Landtagswahlkampf.

Die
Thüringer CDU hat keine Sonderseite zur Landtagswahl. Die Hauptseite präsentiert sich im altgewohnten blau-rot der CDU. Das neue orangefarbene Corporate Design der Bundes-CDU ist durch den Landesverband noch nicht übernommen worden. Geboten werden nur grundlegende Standards: Aktuelles, das Wahlprogramm zum Download, Termine und eine Kandidatenübersicht. Direkte Interaktion wird nicht gewünscht. Mitmachen heißt bei der CDU der Partei beitreten.

SPD Thüringen ist stärker – als wer oder was?

Die SPD Thüringen zeigt Web-Präsenz. Unter
http://www.thueringeniststaerker.de (zwei ersetzte Umlaute in der Adresse) findet sich im sehr gewöhnungsbedürftigen grünem Design, was auch innerhalb des Webauftritts der Thüringer SPD geliefert wird: Informationen zum Programm, zu Personen, Themen und Terminen. Die grüne Farbgebung erscheint wie ein Signal für den gewünschten Koaltionspartner: Die Grünen. Humor und Trotz zeigt der
Landesverband mit seinem Ladeintro: "Noch X Tage bis zur Abwahl der CDU-Alleinregierung, aber nur noch wenige Augenblicke bis zum Aufbau der Seite."

Im Gegensatz zur CDU belässt es die SPD nicht bei einem Wahlkampfportal, sondern hält noch ein weiteres Netztool bereit. Unter
www.das-unterschreibe-ich.de findet sich eine Unterschriftensammlung. Hier kann mit hinterlassener E-Mailadresse das gemeinsame Lernen bis zur achten Klasse unterstützt werden kann. Der Link zu dieser Aktion findet sich natürlich auch auf der Spitzenkandidaten-Seite von
Christoph Matschie. Die Seite fügt sich in die Optik des Landesverbandes ein und besticht eher durch ein großformatiges Foto des Spitzenkandidaten als durch besondere Webtools. Online-Kontakt ist leider nur per Formular möglich, die Bürgersprechstunde gibt es nur vor Ort. Nicht jeder SPD-Kandidat verweist auf eine eigene Homepage und die vorhandenen variieren stark in ihrem optischen Auftreten: Selbstentfaltung vor einheitlicher Markenkommunikation.

PDS: Kondome oder rote Socken?

Auch die PDS bietet eine eigene Seite zur
Landtagswahl innerhalb des Auftritts des Thüringer Landesverbandes. Hier fällt der Spendenaufruf ins Auge. Dieser verrät, wie viel in den einzelnen Wahlkreisen gespendet wurde. Obgleich nicht tagesaktuell, doch ein Beitrag zur Transparenz der Parteienfinanzierung. Daneben findet sich das Übliche – es wird für die Homepage des
Spitzenkandidaten mit eigenem Logo – einer plattgedrückten Krähe im roten Kreis – geworben und die Direkt- und Listenkandidaten präsentiert. Nicht alle sind mit Homepage, Foto, Kontakt und Kurzbiographie vertreten.

Auf den Seiten der
Jugend-Organisation haben die jungen Kandidaten (im Alter von 18 bis Mitte 30) ein eigenes Refugium. Die Vorsitzende Susanne Hennig führt ein
Wahltagebuch.

Denkwürdiges bietet der PDS-Shop unter Wahlkampagne. Gegen eine Zwei-Euro Spende lassen sich rote Socken erwerben – leider nur in Größe 39-41- sowie ein Fußball-EM-Planer und das Parteikondom: "Schon Tradition bei der PDS – Kondome für die schönen Stunden des Lebens".

Eine weitere Sonderseite der PDS ist ein graphisch ansprechendes
Frage-und-Antwort Spiel. Zu gegebenen Themen können die User ihre Gedanken hinterlassen und die der anderen lesen. So z.B.die Frage von Andrea, die zum Thema Proletarier nur wissen möchte: "Und gibt’s das auch für Frauen?"

Schaffen es die Grünen und die FDP in den Landtag?

Weit abgeschlagen blieben 1999 FDP und Bündnisgrüne in Thüringen. Aber die Grünen setzten alles daran, das zu ändern. Unter dem Slogan
"klüger Wählen" grüßen die beiden Landessprecherinnen Astrid Rothe, Spitzenkandidatin und Bundestagsfraktions-Chefin Katrin Göring Eckardt. Das Team der Listenkandidaten "Sieben für Sieben" präsentiert sich mit persönlichen Texten. Das wirkt erfrischender und lässt die übliche 08/15 Präsentation aus tabellarischem Lebenslauf und Foto der anderen Parteien hinter sich. Hinter dem Team "7 für 7" steckt das Konzept, mit 7 Kandidaten 7 Prozent der Stimmen in der Landtagswahl zu gewinnen.

Dabei kann die Seite auch ihre Schwächen nicht verbergen. Die Liste der Direktkandidaten ist uninspiriert zusammengefasst und nur nach Regionen aufgelistet. Auch hier gilt: Nicht alle Kandidaten haben eine eigene Internetseite bzw. die Qualität ist stark schwankend.

Die Freien Demokraten

Die FDP bietet ein eigenes
Portal zur Landtagswahl. Hier springt ins Auge, daß auch die FDP um Spenden wirbt und hierfür gleich den Dauerauftrag als Webformular bereithält. Inhaltlich weicht die Seite nicht von den Web-Auftritten der anderen Parteien ab. Nur die teilweise unprofessionellen Fotografien der Kandidaten scheinen direkt vom Familienfest zu stammen. Die zu stark vergrößerten Bilder wirken verpixelt und sind gewöhnungsbedürftig aufbereitet. Eigene Webseiten gibt es nicht. Die Selbstdarstellung der Kandidaten ist zu textlastig und lang.