Mit mehr als 30 Stunden Berichterstattung (1825 Minuten) war die globale Finanz- und Wirtschaftskrise im abgelaufenen Jahr 2008 das mit Abstand am intensivsten behandelte Thema in den sechs wichtigsten Nachrichtensendungen des deutschen Fernsehens. Dies geht aus der Jahresbilanz des „InfoMonitors“ vor, den das Kölner Institut IFEM veröffentlicht.

Auf Platz 2 der Topthemen folgt die US-Präsidentschaftswahl mit gut 18 Stunden (1099 Minuten) vor den Olympischen Spielen in Peking mit 16 Stunden (965 Minuten). Weitere Themen unter den Top-10 des Jahres 2008 waren die internen Debatten und der Führungswechsel in der SPD, die Fußball-Europameisterschaft, der Kaukasuskonflikt, die Landtagswahl in Hessen, die Landtagswahl in Bayern und der Führungswechsel in der CSU, der Krieg in Afghanistan mit dem Bundeswehreinsatz dort sowie die Wirbelsturm-Katastrophe in Myanmar (Birma).


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Hinter den Gesamtwerten für die Topthemen verbergen sich teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Sendungen im Hinblick auf die Gewichtung der Themen. Bei „Tagesschau“ und „heute“ rangieren in der Regel politische und gesellschaftlich relevante Themen am höchsten, wobei auch Auslandsthemen regelmäßig unter den Top-10 erscheinen. Bei „RTL aktuell“ und den „Sat.1 Nachrichten“ tauchen dagegen häufiger auch bunte Themen in der Topliste auf, so etwa im Jahr 2008 das Eisbärbaby „Flocke“, der Mordfall „Michelle“ oder der Inzestfall im österreichischen Amstetten. Die Nachrichtenmagazine „Tagesthemen“ und „heute-journal“ nutzten ihre längere Sendungsdauer vor allem für Hintergrundinformationen zu politischen Themen und zur Auslandsberichterstattung. Im vergangenen Jahr waren es unter anderem die Debatte in der SPD über das Verhältnis zur Linkspartei, die Entwicklung im Irak, die Vorwahlen in den USA oder der Kaukasuskonflikt, über die in den Nachrichtenmagazinen umfangreicher als in den Hauptnachrichtensendungen berichtet wurde.

Parteienpräsenz und Politikerauftritte in den Fernsehnachrichten

Der InfoMonitor erfasst auch die Häufigkeit der Auftritte deutscher Politiker in den Fernsehnachrichten, sei es nur genannt, im Bild oder mit O-Ton. Zusammengefasst nach Parteizugehörigkeit konnte die SPD über das Jahr 2008 hinweg insgesamt die meisten Auftritte ihrer Politiker verzeichnen, mit zum Teil deutlichem Vorsprung in einzelnen Monaten vor der CDU. Dies ist vor allem auf die intensiven innerparteilichen Diskussionen sowie auf die besondere Situation im Land Hessen zurückzuführen. Die CSU erreichte einen außergewöhnlichen Spitzenwert im Oktober anlässlich der Landtagswahl in Bayern und des darauf folgenden Wechsels an der Parteispitze.


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Wenn auch die SPD in der Gesamtpräsenz dominiert: Mit großem Abstand führt Bundeskanzlerin Angela Merkel auch 2008 wieder die Top-20 der am häufigsten in den Nachrichten präsenten Politiker an. Bundesaußenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier folgt auf dem zweiten Rang. Die relativ häufigen Auftritte von Andrea Ypsilanti, Roland Koch, Horst Seehofer, Erwin Huber und Günther Beckstein sind auf die besonderen politischen Entwicklungen in Hessen und Bayern in diesem Jahr zurückzuführen.


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Themenstruktur: Intensivere Wirtschaftsberichterstattung wegen Finanzkrise

Die Grundstrukturen der Fernsehnachrichten sind auch 2008 weitgehend unverändert geblieben, wie der InfoMonitor belegt: Die Sendungen von ARD und ZDF haben weiterhin ihren Schwerpunkt in der Politikberichterstattung. Die „Tagesschau“ kommt auf einen Politikanteil von 48 Prozent im Jahresdurchschnitt (entspricht rund 7 Minuten pro Ausgabe), bei „heute“ sind es 38 Prozent (7 Minuten), in den „Tagesthemen“ 40 Prozent (10 Minuten) und im „heute-journal“ 44 Prozent (11 Minuten). Wie im Vorjahr liegt „RTL aktuell“ auch dieses Mal unter 20 Prozent (18 Prozent, entspricht 4 Minuten), die „Sat.1 Nachrichten“ legen anteilsmäßig zu und kommen auf 27 Prozent. Dies jedoch allein wegen der Verkürzung der Sendungsdauer, wie im Vorjahr machte Politik nur 3 Minuten pro Ausgabe aus.

Die weltumspannende Finanz- und Wirtschaftskrise sorgte für einen erkennbar höheren Anteil an Wirtschaftsthemen in den Fernsehnachrichten. In allen untersuchten Sendungen lag der Wirtschaftsanteil 2008 rund 3 bis 4 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Den höchsten Anteil erreichten „Tagesthemen“ und „heute-journal“ mit 13 bzw. 15 Prozent.


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Die unterschiedlichen Umfänge der Politikberichterstattung bilden sich auch im Vergleich der Monate des Jahres 2008 deutlich ab, mit „heute-journal“ und „Tagesthemen“ jeweils an der Spitze, „Tagesschau“ und „heute“ (zum Teil knapp) darunter und „RTL aktuell“ sowie „Sat.1 Nachrichten“ konstant auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Die Spitzen der Politikberichterstattung gab es im Januar (Landtagswahl in Hessen) sowie im Herbst (Finanzkrise, US-Wahlen, Landtagswahl in Bayern).


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Ein genauerer Blick auf den Verlauf der Wirtschaftsberichterstattung zeigt, dass es – vor allem in den Nachrichtenmagazinen – bereits eine Spitze im April gab (Themen u.a.: Milliardenverluste bei der Bayern-LB, Krise bei der KfW, Immobilienkrise in den USA), bevor sich ab September die von den USA ausgehende Finanzkrise massiv bemerkbar machte.


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Die Verlaufskurven der Sportberichterstattung illustrieren die Bedeutung der Großereignisse Fußball-EM und Olympische Spiele für die Nachrichten. Erneut zeigt sich bei „RTL aktuell“ die besonders ausgeprägte Rolle der Sportberichte im Vergleich zu allen anderen Sendungen.


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Auch was den Umfang der Berichte aus dem Bereich Human Interest/Alltag/Buntes betrifft, nimmt RTL inzwischen eine einsame Spitzenstellung ein, nachdem Sat.1 seine Berichterstattung in diesem Segment etwas zurückgefahren hat. Spitzen gab es hier vor allem anlässlich der Fußball-EM und zur Vorweihnachtszeit.


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de


Auslandsberichterstattung: Einzelereignisse bestimmen wesentlich den Nachrichtenumfang

Ähnlich wie bei den Themenbereichen ist auch bei der Auslandsberichterstattung ein deutlicher Einfluss einzelner Ereignisse oder Entwicklungen nachweisbar. So führen zwar die USA auch sonst regelmäßig die Liste der am häufigsten berichteten Länder (außer Deutschland) an. Im Jahr 2008 dürfte der erhebliche Vorsprung vor allen anderen Ländern jedoch auch auf das große Interesse an den Präsidentschaftswahlen zurückzuführen sein. China nimmt Platz 2 wegen der Olympia-Berichterstattung, aber auch wegen des Tibet-Konflikts im Frühjahr ein. Bei Georgien ist der Grund für die Platzierung in den kriegerischen Auseinandersetzungen mit Russland im August zu suchen. Myanmar taucht in der Liste der Top-20 wegen der verheerenden Folgen eines Wirbelsturms im Mai auf, bei Somalia liegt die Erklärung in der häufigeren Berichterstattung über Piratenüberfälle im Indischen Ozean.


Untersuchungszeitraum: 1.1.-31.12.2008.
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln. Grafik: politik-digital.de

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