Die beiden Spitzenkandidaten in Berlin geben sich nicht nur in der
realen Welt ein "Wettrennen". Auch im Internet sind beide mit persönlichen Homepages vertreten.

In Berlin ist was los zur Zeit.
Der Umzug läuft auf vollen Touren, die Bonner beziehen nach und nach
ihre Berliner Büros und Wohnungen, und immer noch wird an jeder Ecke
gebaut, geplant und debattiert. Jedoch ist nicht allein der Umzug
verantwortlich für die Bewegung und Aufbruchstimmung, die in der Stadt
an der Spree momentan herrscht, auch der Wahlkampf geht jetzt in die
heiße Phase. "Diepgen rennt" durch Berlin, "Momper ist auf Touren." Die
Spitzenkanditaten von CDU und SPD kommen in diesem Sommer ganz schön
ins Schwitzen, halten sie das, was in ihrem vollen Wahlkampfkalender
versprochen wird.
Doch nicht nur in der realen Welt geben sich Eberhard Diepgen und
Walter Momper fit, jung und modern. Zusätzlich haben beide Kandidaten
virtuell aufgerüstet. Mit persönlichen Homepages zeigen sich die
Spitzenkandidaten im "Neuen Medium" ganz inter-nett und werben um die
Stimmen der Surfer vor den Rechnern.

Der Checkpoint ebi ist das Wahlkampfzentrum der CDU und verantwortlich für die Wahlkampfseiten im Internet-
Angebot der CDU in Berlin
(cduberlin.de) und für die des regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen
www.diepgen.de.
Jedoch findet nur unter letztgenannter Adresse der richtige Wahlkampf statt. Sucht man allerdings unter der URL
www.cdu-berlin.de nach Informationen zum Wahlkampf, präsentiert sich dort
nur der Hinweis, dass sich unter dieser Domain der Kreisverband Reinickendorf bald
ins Netz wagt. Da fragt man sich schon verwundert, ob die CDU Berlin sich intern nicht auf eine gemeinsame Domain einigen
kann.

Dafür geht es bei diepgen.de in die Offensive: Schon auf der Startseite erwartet die Besucher ein ansprechendes Layout,
das vorwiegend in rot (!) und grau gehalten ist. Um den Namen des CDU-Mannes sind Schlagwörter angeordnet, die
werbewirksam mit ihm assoziiert werden. "Ziele, Ausdauer, Mut" und ganz groß "Erfolge" sind da zu lesen, und schnell wird
geklickt, um zu erfahren, was hier nun geboten wird.
In der Navigationsspalte sind vier Bereiche angegeben, durch die der User sich hindurchklicken kann. Eberhard Diepgen im
Dialog, der Bürgermeister persönlich, der Politker,die aktuelle Politik und Presse stehen hier zur Auswahl. Um Kontakt
mit Diepgen aufzunehmen, sollte jeder Web-Site-Besucher sich eine Frage ausdenken, e-mail-Adresse und Name angeben und
schon landet die Frage beim Checkpoint ebi. Dessen Name ist allerdings ganz zufällig der Spitzname des Kandidaten,
ursprünglich bedeutet sie "Entscheidende Berlin Initiative".
Auf jeder Seite läuft ein Wahlcountdown, und in jedem Bereich des Internet-Angebots werden Turnschuhe angepriesen.
Jedoch nicht irgendwelche Turnschuhe, sondern die "ebi-runner". Das sind Joggingschuhe, geschmückt mit dem Schriftzug ebi
und Berlin Wappen, mit denen jeder CDU-Anhänger es sportlich mit Diepgen aufnehmen kann. Wann und wo der Spitzenkandidat
joggt, erfährt man – natürlich – in der Rubrik "Diepgen persönlich". Klickt man auf Credo erscheint das für einen
Politiker wohl eher untypische Motto: "Verspreche nichts, was du nicht halten kannst." Taktisch sehr klug fügt
Eberhard Diepgen hinzu: Und das gilt insbesondere in Zeiten des Wahlkampfs.
Leider lässt sich auch nach langem Nachforschen nur eine Telefonnumer vom Checkpoint ebi finden. Nach einem Kontakt zum
Büro Eberhard Diepgen sucht man vergeblich.


Nicht ganz so eigenständig und auf den Spitzenkandidaten zugeschnitten ist die Präsentation des SPD-Herausforderers
Walter Momper. Unter momper.de findet sich zwar die Startseite mit dem Konterfei des
51jährigen Kandidaten, jedoch befindet man sich schon nach einem Klick auf den Wahlkampfseiten der Berliner SPD
(spd-berlin.de).
Die persönlichen Seiten des "Mannes mit dem roten Schal" im SPD-Angebot zeugen nicht gerade von Professionalität, und
die User haben nicht sehr viele Möglichkeiten, um etwas über den Spitzenkandidaten persönlich zu erfahren. Zwar kann der
interessierte Web-Site Besucher eine mittellange Biographie, die letzten Reden und die nächsten Daten seiner
Wahlkampftermine hier finden, jedoch werden die technischen und grafischen Möglichkeiten zur besseren Navigation und für
ein größeres Angebot nicht ausgeschöpft.
Hinzu kommt, dass das müde Textangebot gerade einmal von zwei unterschiedlichen Photos (Momper klein und Momper groß)
aufgelockert wird.
Allerdings ist das gesamte Wahlprogramm der SPD im Internet veröffentlicht und als PDF-Datei zum Herunterladen
freigegeben. Zusätzlich wird auf eine Seite gelinkt, in der alle Kandidaten aufgeführt werden, und ausserdem wird die
"Quadriga", das Führungsteam an der Spitze der Berliner SPD, ausführlich vorgestellt.Einen kleinen aber feinen Streich
spielt die SPD der CDU jedoch: gibt man die URL diepgen-geht.de erscheint die
Website einer Initiative der SPD Berlin, die auf ihre Website verweist.

Es scheint, die CDU hätte die Zeichen der Zeit erkannt: Jedenfalls erklärte der Pressesprecher der Berliner CDU,
Matthias Wambach, dass das Internet als Medium für den Wahlkampf immer mehr an Bedeutung gewinne.
Wichtig erscheine ihm auch, nicht nur junge Wähler zu erreichen, sondern auch ältere, die beruflich viel mit dem
Internet arbeiten.
Besonders das Suchen sei im Internet leichter und komfortabler als das Herumblätter in Stapeln von Broschüren.

So gewinnt Diepgen das "Wettrennen" im Netz. Denn im Vergleich präsentieren sich die Websites des Regierenden
Bürgermeisters in einem besseren Layout, ausführlicher und mit einer übersichtlicheren Navigation als die seines Gegners.
Ausserdem werden die digitalen Möglichkeiten voll ausgeschöpft: Im Bereich Dialog
rufen die Verantwortlichen zum Schreiben von e-mails und Kommentaren zum Wahlkampf auf. So wird die Nähe zum Bürger und
dessen Vorstellungen mit jedem Mausklick gefördert und gefordert.
Doch eigentlich unterscheidet sich der virtuelle Wahlkampf nicht sonderlich von dem realen: Während die CDU ganz auf das
bekannte Gesicht ihres Spitzenkandidaten und Bürgermeisters setzt und mit der ausführlichen Homepage Diepgens die Wähler
informiert, wartet die SPD mit dem gesamten Team und dem Inhalt ihres
Programmes auf. Weniger der Kopf Walter Momper scheint hier zu zählen, als das, was er und seine Partei den Berlinern
versprechen. Mag sein, dass die SPD ihren Kurs aufgrund der schlechten Umfrageergebnisse für Momper geändert hat, denn bei
der Nominierung des Herausforderers wollte die Partei gerade mit der Persönlichkeit Walter Momper Nostalgie und gute
Erinnerungen wecken. Auch im Netz.