Peter Schaar verabschiedete sich unlängst mit einem Dank an die NSA von seinem Amt als Bundesbeauftragter für den Datenschutz. Tatsächlich wäre ohne sie, und wie hinzuzufügen wäre: Edward Snowden, Datenschutz und Netzpolitik nicht so ein großes Thema im ausklingenden Jahr. Untersuchungsausschüsse, UN-Resolutionen, EU-Verordnungen, ein Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt und noch so vieles mehr in immerhin fünf Ministerien. Dennoch bleibt das Gefühl, dass mit möglichst viel Aufwand möglichst wenig verändert wird. Immerhin scheint woanders auch noch was zu passieren: Das Internet der Dinge, Netzfeminismus und der Einfluss des Internets auf die Sprachenvielfalt sind in dieser Woche Thema. Aber da hat die NSA sicher auch ihre Finger im Spiel.

Video der Woche


Im Video der Woche wirbt Michael Seemann für das Crowdfunding seines noch zu verfassenden Buches “Das Neue Spiel. Nach dem Kontrollverlust”.

Ergebnisloses Chaos oder Wirrwarr mit System?

Fünf Ministerien sollen sich zukünftig um Netzpolitik kümmern. Für manche bedeutet das die Fortführung des destruktiven Chaos, für andere, wie Sonja Schünemann auf heute.de, ein „Zuständigkeits-Wirrwarr mit System“. Andrea Voßhoff als neue Bundesdatenschützerin und Klaus-Dieter Fritsche als erster Geheimdienstkoordinator werden allenthalben als eindeutige Absage an unabhängige Kontrollinstitutionen gesehen. Und der Internetausschuss kommt erst mal doch nicht. Zumindest einer freut sich und zieht der konzertierten Lobbypolitik in einem Ausschuss das ergebnislose „Schlammcatchen der Popcornminister“ vor. Neuland solle Neuland bleiben.

Der Placebo-New-Deal

Einen digitalen New Deal in Europa fordert der EU-Parlamentsabgeordnete der Grünen Jan-Philipp Albrecht auf faz.net. In Absage an nationale Tendenzen in Deutschland müsse eine gemeinsame Wertebasis geschaffen werden und Europa die digitale Unabhängigkeit erklären. Die EU-Datenschutzverordnung sei dazu der erste Schritt. Auf Carta meldet Simon Assion dagegen Zweifel an: Bisherige Datenschutzpolitik, einschließlich der EU-Verordnung, sei reines Placebo und würde nur die kleinen Akteure gängeln, während die Großen unbeschadet weiter sammeln könnten. Daraus ließe sich das Paradox der Gleichzeitigkeit von einer Vielzahl von Datenschutzgesetzen und einer beispiellosen korporativen und staatlichen Überwachung erklären.

Snowden, der Bankräuber

In einem Zwischenbericht vom Mittwoch hat der NSA-Untersuchungsausschuss der EU einige Forderungen gestellt. Wie Friedhelm Greis auf golem.de berichtet, fordern die Parlamentarier die Suspendierung sowohl des Safe-Harbour-, als auch des Swift-Abkommens. Auch eine EU-Cloud sei im Sinne des Ausschusses. Wie netzpolitik.org berichtet, hatte noch am Dienstag der US-Politiker Mike Rogers die EU-Parlamentarier für ihre Kurzsichtigkeit gerügt und Edward Snowden mit einem Bankräuber verglichen, der zur Finanzkrise befragt würde.

Forderungen mit Hintertüren

Auf 300 Seiten haben Experten in den USA die Überwachungspraktiken der Geheimdienste kritisiert. Diese würden zugunsten von Sicherheitsinteressen Freiheitsrechte einschränken und verletzen. Till Schwarze hat auf Zeit Online die wichtigsten Forderungen zusammengestellt. Allerdings stehen die Experten prinzipiell zur NSA, und der Bericht lässt laut Konrad Lischka auf Spiegel Online einige Hintertüren, die mögliche Beschränkungen und Kontrollen aufweichen könnten.

Maschinen mit Maschinen

Die Vernetzung von Geräten untereinander gilt als die nächste große Entwicklung. Immer mehr Kommunikation über Netzwerke würde dann nicht mehr nur maschinen-vermittelt funktionieren, sondern verliefe gänzlich zwischen Maschinen. Am Beispiel des kalifornischen Konzerns Cisco zeigt Nikolaus Piper auf süddeutsche.de die Potenziale und Gefahren des „Internet of Things“ auf. Denn nur mit einem effektiven Datenschutz würde die Kommunikation zwischen Maschinen das Leben der Menschen verbessern.

Back to Babel

In der digitalen Welt können 96,3 Prozent aller bekannten Sprachen als ausgestorben gelten, so das Ergebnis der Studie „Digital Language Death“. Jochen Dreier stellt die Studie auf Hyperland vor und spricht vom „Sprachenkiller“ Internet. Martin Weigert hingegen begrüßt auf netzwertig.com diese Sprachvereinheitlichung. Auch wenn Weigert stark verkürzt argumentiert und die Bedeutung von sprachlichen Missverständnissen oder Nicht-Verstehen für die großen Probleme der Menschheit überschätzt: Er bezieht Stellung in einer Debatte, die geführt werden sollte.

#Aufschrei sei Dank!

Dass Feminismus wieder salonfähig in „Mainstreamdebatten“ geworden ist, sei größtenteils dem Hashtag #Aufschrei zu verdanken, so das Fazit von Annina Luzie Schmid auf irights.info. Mit dem Hashtag, der im vergangenen Jahr auch den Grimme Online- Award erhalten hat, sei es gelungen, „eine Brücke zwischen digitaler Szene und dem Rest der Welt zu bauen“. In ihrem Beitrag skizziert sie, durch welche Projekte und dank welcher Protagonistinnen das Thema Sexismus auch nach der intensiven #Aufschrei- Debatte öffentliche Sensibilisierung erfährt. Denn das Internet sei nicht nur Plattform für Sexismus, sondern auch emanzipatives Werkzeug.
 
CC-Lizenz-630x110