RadarLeistungsschutzrecht abschaffen; Breitbandausbau vorantreiben; Urheber stärken; Netzneutralität gewährleisten; Datenschutz verbessern. Die Parteien haben eine Menge netzpolitischer Forderungen zur Bundestagswahl, denen man auf den ersten Blick zustimmen würde. Doch wo sind die Unterschiede? Wem sollte ich nun aus netzpolitischer Sicht am 22. September meine Stimme geben? Ein neues Online-Tool hilft, Antworten auf diese Frage zu finden.
Wenn alle scheinbar das Gleiche wollen, wen soll ich dann wählen? Zugegeben, das ist eine schwierige Frage, denn die netzpolitischen Inhalte in den Wahlprogrammen lesen sich tatsächlich sehr ähnlich. Das dürfte vor allem daran liegen, dass Netzpolitik als politisches Themenfeld noch recht jung und daher noch relativ wenig ideologiebeladen ist. Nur wer sehr genau hinschaut und die Standpunkte anschließend miteinander vergleicht, kann feststellen, dass die Parteien in einigen Nuancen sehr unterschiedliche Positionen vertreten.
Doch kostet es viel Mühe und Muße, sich durch die seitenlangen Programme zu kämpfen und dabei den Überblick nicht zu verlieren. Genau dies war auch der Ansporn für das Internet & Gesellschaft Collaboratory e.V., eine Webpräsenz für interaktive Online-Wahlinformation zu erstellen: Das Tool namens „Netz-Radar“, das heute online ging, bündelt die Aussagen der Parteien zur Netzpolitik. Mithilfe einer Auswahl an spezifischen Fragen können passionierte Netzpolitik-Nerds und alle, die es noch werden wollen, den eigenen Standpunkt zu den aktuellen digitalen Themen testen oder erst herausfinden.
Zu einer Reihe von Themen (u.a. Datenschutz und Netzneutralität) kann der Radarnutzer eine These auswählen, mit der er am meisten übereinstimmt. Dafür erhält die entsprechende Partei einen Übereinstimmungspunkt, und am Ende kann der User drei als besonders relevant erachtete Thesen mit einer doppelten Gewichtung versehen. Das Ergebnis ist eine Rangliste, die die Übereinstimmung mit den netzpolitischen Ansichten der derzeit im Bundestag vertretenden Parteien anzeigt. Zu der Partei mit der größten netzpolitischen Übereinstimmung erhält man zudem ein Kurzporträt, das die wichtigsten Aussagen knapp zusammenfasst. Damit fällt der Überblick über die so ermittelte eigene Position noch etwas leichter.
Doch Obacht: Beim Lesen der Antwortmöglichkeiten fällt schnell auf, dass diese weitestgehend verwandt klingen und oft auch das Gleiche meinen. Mangelnde Recherche, lustlose Konzeption? Mitnichten. „Die Aussagen in den Wahlprogrammen hören sich teilweise sehr ähnlich an. Es ist nicht leicht, die teils doch erheblichen Unterschiede in den netzpolitischen Forderungen herauszulesen. Das wollen wir mit dem Co:lab Netz-Radar dokumentieren.“, beschreibt Projektleiter Tobias Schwarz das Anliegen der nach dem Vorbild des Wahl-o-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung erstellten Plattform.
Doch neben dem Hinweis auf schwammige Formulierungen und Einheitsbrei-Aussagen im Wahlprogramm verfolgt das Co:lab noch ein weiteres Ziel: Derzeit gibt es (wenn man den Wahl-o-Maten der bpb für den politischen Gesamtüberblick außer Acht lässt) kein mit dem Online-Wahlcheck zur Verbraucherpolitik nur ein weiteres Angebot, mit dem sich die Parteienpräferenz in einem bestimmten und abgegrenzten Politikfeld überprüfen lässt. [Satz korrigiert, s. Kommentar] Dies möchte das Internet und Gesellschaft Colab ändern: Tobias Schwarz stellt das Open-Source-Prinzip des Tools heraus, das unter  freier Lizenz steht: „Jeder, der das Tool verwenden möchte, ist herzlich eingeladen, dies zu tun. Wer das gleiche etwa für andere politische Themenfelder erstellen will, der hat mit dem Netz-Radar die ideale Vorlage. Selbst ohne Programmierkenntnisse lassen sich die Inhalte sehr leicht verändern, der entsprechende Text muss einfach nur kopiert und eingefügt werden“.
Neben einer Entscheidungshilfe zur Bundestagswahl tritt der Netz-Radar also mit einer konkreten Aufforderung an: Nachmachen, besser machen!
Doch die Macher des Tools dokumentieren nicht nur die aktuellen Diskussionen in der Netzpolitik, sondern setzten eine integrale und brandaktuelle netzpolitische Forderung gleich selbst in die Tat um: Es werden über die Nutzung des Radars keinerlei Daten oder IP-Adressen der Nutzer gespeichert. „Wir werden also nicht nachvollziehen können, wer das Angebot nutzt oder von wo aus der Netz-Radar aufgerufen wurde. Das interessiert uns auch gar nicht. Wichtig ist uns vielmehr, dass die Bürger sich so gut wie möglich über Netzpolitik informieren, denn sie geht uns alle an!“, begründet Tobias Schwarz die Entscheidung für die strengen Datenschutzvorgaben.
Bild: Ham Hock (CC BY-NC-ND 2.0)

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