In dieser Woche war es kaum möglich, netzpolitischen Themen auszuweichen. Das lag nicht nur an der Arbeit der Bundestagsausschüsse zur NSA-Affäre und zur Digitalen Agenda, sondern vor allem daran, dass die alljährliche Internetkonferenz re:publica in Berlin stattfand. Dort war man sich einig darin, dass die Aktionen der Netzgemeinde gegen die Totalüberwachung in den vergangenen Monaten nicht richtig gezündet haben, so dass diese sich nun in einer Neufindungsphase wiederfindet, deren Ergebnis noch nicht abzusehen ist. Können Sie den Satz noch hören, dass „Überwachung die Demokratie gefährdet“? Dann gehören Sie zu einer Minderheit hierzulande, und wir liefern ihnen mit der Presseschau noch mehr Lesestoff dazu.

Video der Woche


Die hinter uns liegende Woche stand ganz im Zeichen der re:publica 2014, auf der sich die Netzgemeinde traf und zumeist über ihr eigenes Selbstverständnis diskutierte. Viel Beachtung fand die „Rede zur Lage der Nation“ von Sascha Lob: unser Video der Woche. Andere Vorträge von der re:publica sind nicht weniger sehenswert, z.B. „Google Nest“, „Wie ich lernte das Internet zu lieben“ oder „Über die ethischen Grenzen von Big Data“, doch noch sind nicht alle abrufbar. Aber wenn es bei dem miesen Wetter bleibt, bietet die bereits jetzt schon sehr umfassende Videoliste genug Material, um übers Wochenende keinen Fuß vor die Haustür setzen zu müssen.

Alles YOLO oder was?

André Vatter gelingt es in seinem Blogbeitrag, die Erfahrungen in Worte zu fassen, die viele netzpolitisch interessierte Menschen seit dem Bekanntwerden der NSA-Affäre machen mussten – wie sie selbst oder ihre Mitmenschen diesen Skandal gleichgültig zur Kenntnis nahmen und ihr Verhalten nicht geändert haben. Vatter wartet noch immer auf den Augen öffnenden Knall, damit wir alle aufwachen. Passend dazu legt Dennis Horn in seinem Artikel „Sascha Lob der Tyrannosaurus Rex auf Speed“ richtigerweise dar, wieso eine Einstellung „für-die-Netzelite-oder-gegen-sie“ ihrem ehrenwerten Ansinnen schadet.

Datenschutz-Verordnung – Ein Papiertiger?

Trotz der massiven Wahlwerbung für Martin Schulz liefert Juli Zeh hier einen wichtigen Beitrag zu der Frage, wie die Privatsphäre der europäischen Bürger noch zu retten sein könnte. Sie stützt ihre Hoffnung auf die viel diskutierte Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union, ohne sich davon blenden zu lassen, dass diese nicht mehr als ein erster Schritt sein sollte.

Die EU und die USA versuchen sich in Paartherapie

Ist das Vertrauen verspielt, muss meist hart daran gearbeitet werden, es wieder herzustellen. Die USA und die EU versuchen das offenbar gerade mit einem gemeinsamen Datenschutzabkommen. Dagegen hat der Datenschutzbeauftragte der Piratenpartei Patrick Breyer jedoch massive Einwände, wie er in einem Gastbeitrag auf Zeit Online schreibt. So erwartet er u.a. die Datenweitergabe im großen Stil, statt das geplante Ziel – die Einschränkung der Massenüberwachung durch die USA – zu erreichen. Manchmal kann Vertrauen auch für immer verspielt sein.

Snowden wird zum Spielball deutscher Parteien

Weniger eine mögliche Befragung von Edward Snowden gefährde das Staatswohl Deutschlands, befürchtet Thorsten Denkler auf Süddeutsche.de. Es seien vielmehr die Parteien, die sich im NSA-Ausschuss stritten, statt für den Schutz ihrer Bürger zusammenzuarbeiten. Besonders die Opposition profiliere sich bei diesem Thema, obwohl „nur ein Exil-Snowden ein guter Snowden ist“ für sie zu sein scheint.

Droht eine Balkanisierung des Internets?

Spätestens nachdem Sie übers Wochenende alle politische Vorträge der re:publica angeschaut haben, werden sie erst einmal resigniert die Hände in den Schoß legen. Doch netzaffine Menschen sind Rückschläge gewohnt und nicht so leicht zu bremsen. Zum Glück gibt es noch die guten Ecken im Internet, und Michael Seemann aka „mspro“ hat im Interview mit der Berliner Zeitung ein paar Ideen, wie wir das Schiff noch auf Kurs bringen können.
Bild: Screenshot Video “Wie ich lernte das Internet zu lieben” CC BY-SA 3.0 DE
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