Die EU-Dienstleistungsrichtlinie ist seit Ende Dezember 2009 in allen europäischen Staaten in Kraft getreten. Durch die Richtlinie werden die Mitgliedsstaaten gezwungen, mittels eines "einheitlichen Ansprechpartners" die digitale Zukunft der Verwaltung einzuläuten. Eine Bestandsaufnahme von Patrick Braukmann.

Ziel der Richtlinie ist es, den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen innerhalb der EU zu fördern, indem die Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten künftig deutlich leichter gestaltet wird. Die sogenannten "einheitlichen Ansprechpartner" sind dabei die Kontaktstellen bzw. -personen, mit deren Hilfe jeder Dienstleistungserbringer alle notwendigen Verfahren, Formalitäten und Anfragen abwickeln kann, zum überwiegenden Teil auch online. 

Unter dienstleisten-leicht-gemacht.de findet sich der aktuelle Stand der Umsetzung der Richtlinie. Und der ist – nach offiziellen Angaben – äußerst positiv. Auffällig ist allerdings, dass das Stichdatum, welches am 28. Dezember 2009 abgelaufen ist, kaum Aufmerksamkeit erfahren hat. Erwin Schwärzer von der Geschäftsstelle "Deutschland Online" beim Bundesministerium des Innern (BMI) räumte auch ein, dass sich viele wohl etwas mehr erhofft hätten. Einiges sei noch zu tun, insbesondere in Fragen der Verwaltungsmodernisierung. Dennoch: Die EU-Dienstleistungsrichtlinie habe den richtigen Impuls ausgelöst, so Schwärzer.

Impuls ausgelöst – Umsetzung noch offen

Die konkrete Umsetzung jedoch ist vielerorts noch offen. Einige Bundesländer haben sich für ein Kammermodell (z.B. mittels Wirtschaftskammern) entschieden, andere haben Kommunen oder auch Landesbehörden beauftragt, die Funktion eines einheitlichen Ansprechpartners zu übernehmen. Der bundesdeutsche Föderalismus lässt grüßen.

In Hessen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Rheinland-Pfalz – und in Teilen auch in anderen Bundesländern – wurden bei der Umsetzung der Richtlinie Lösungen gewählt, die als elektronische Abwicklung von Gewerbeangelegenheiten schon lange existieren. Oftmals wurden vorhandene Strukturen und Prozesse einfach mit einem einheitlichen Ansprechpartner ergänzt. Ein pragmatischer Ansatz, der das Soll erfüllt, aber das Ziel verfehlt.

Was darf der Bürger erwarten

Hat der Bürger seinen Ansprechpartner gefunden, erwartet ihn immerhin ein zentrales Angebot zu seinem Anliegen. Kein Ablaufen verschiedenster Stellen mehr, kein hin und her mit Papieren und Formularen. Vielmehr ist jetzt eine Stelle für ihn zuständig.

Daneben wurden auch zunehmend Möglichkeiten der Online-Abwicklung geschaffen – so sie noch nicht vorhanden waren. Was fehlt ist oftmals noch eine Anpassung der Verwaltungsprozesse an die Erfordernisse dieser Möglichkeiten und an die Bedürfnisse des "Kunden Bürger". Hier kann das Potential des eGovernment, wie Erwin Schwärzer es beschreibt, noch gehoben werden.

In Zukunft bitte online

Der erste Schritt hin zu einer Internet-basierten Antragstellung in ganz alltäglichen Lebensbereichen ist getan. Und dies ist nach knapp 10 Jahren eGovernment-Debatte in Deutschland positiv zu bewerten! Die Behörden sind jedenfalls jetzt bereit (auch technologisch), die Antragstellung und die Dienstleistung komplett online zu erbringen. Was fehlt ist eine Möglichkeit, online zu unterschreiben, ein Manko, das der elektronische Personalausweis beheben könnte. Dann wird aus dem einheitlichen Ansprechpartner erst ein "digitaler Verwaltungsprozess".

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