“e-government is more about government than about ‘e” stellte die OECD schon 2003 fest. Der Ende 2004 erschienene Sammelband “Kommunales E-Government” der Deutschen Zeitschrift für Kommunalwissenschaften (DfK) knüpft an dieses Zitat an. In insgesamt sieben Beiträgen beschäftigen sich namhafte Experten mit der Verzahnung von eGovernment und Verwaltungsmodernisierung für erfolgreiche moderne Kommunen.

eGovernment befinde sich aktuell an der Schwelle zur “Reifephase” zur dritten Generation, entscheidende Weichenstellungen stehen aber noch aus – schreibt der Autor des ersten Beitrags, Busso Grabow. Seine Empfehlung für die neue Innovationsphase: eGovernment und Verwaltungsmodernisierung sollen verknüpft werden. Dazu müsse dann auch die Gesamtkonzeption kommunalen Handelns überdacht werden.

Transformation des Staates



Die dritte Generation des eGovernments sei dadurch gekennzeichnet, dass Einzellösungen zu integrierten Umsetzungskonzepten zusammenwachsen. Zuvor stand die Gestaltung von Homepages und die Entwicklung von Portalen für Kommunen im Vordergrund. In seinem Beitrag “Transformation der Verwaltung durch E-Government” gibt Hermann Hill den Kommunen den Ratschlag, sich von der Kundenorientierung als vorrangigem Ziel des eGovernments zu verabschieden. Das neue Mantra des eGovernments müsse eine Neukonzeption der Verwaltungsprozesse mit Hilfe von eGovernment sein und nicht nur eine elektronische Abbildung für die Belange des Kunden. eGovernment würde dann den Staat nicht nur modernisieren, sondern auch transformieren.

eGovernment im föderalen Staat

Ob die dritte Generation des eGovernments auch im föderalen Staat möglich ist, fragen sich Herbert Kubicek und Martin Wind. Das dezentrale Verwaltungswesen behindere derzeit die datentechnische Integration, da die Systeme der Länder oft nicht kompatibel sind.

Falsch wäre nun aber die Annahme, die verschiedenen IT-Systeme müssten vereinheitlicht werden. Vielmehr spiele die Standardisierung von Datenaustauschformaten eine Schlüsselrolle für das deutsche eGovernment. Doch wann darf der Bund hier einheitliche Vorgaben machen, die auch bis in Bereiche wirken, die der Selbstverwaltung vorbehalten sind? Hierzu sollten stets die Auswirkungen betrachtet werden, die eine standardisierte Regelung auf die Kommunen hat, empfehlen die Autoren. Bisher seien verfassungsrechtliche Bedenken aber meist untergeordnet worden, wenn ein hohes Interesse an einer vereinheitlichten Lösung bestand. Der Rückstand Deutschlands im eGovernment lasse sich deshalb nicht mit dem föderalen Staatsaufbau erklären, sondern sei vielmehr das Ergebnis fehlenden Interesses. Denn im föderalen Österreich funktioniere das ja auch.

Erfolgsfaktoren – eine Checkliste

Um den Kommunen einen praktischen Ratgeber an die Hand zu geben, zählen Busso Grabow, Helmut Drüke und Christine Siegfried zehn Erfolgsfaktoren für kommunales E-Government auf. Diese wurden in Begleitung des Projektes media@komm erforscht. Die Verknüpfung von eGovernment mit der Verwaltungsreform gilt auch hier als zentraler Faktor: “E-Government gibt der Verwaltungsreform einen neuen, kräftigen Schub”, schreiben die Autoren. Ein weiterer Erfolgsfaktor könnte mit Blick auf die knappen kommunalen Kassen die Verwendung von Open-Source-Betriebssystemen sein. In dem Beitrag wird auch erwähnt, dass bei den Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Akzeptanz geschaffen werden muss. Ob dies auch ausreicht, um das nötige Vertrauen in die (Sicherheit der) Anwendungen zu schaffen, bleibt unbeantwortet.

Der Vorreiter Bremen

Mit Bremen hat Deutschland ein Praxisbeispiel für erfolgreiches eGovernment der dritten Generation vorzuweisen. Die freie Hansestadt war 1999 einer der Sieger im Städtewettbewerb media@komm. Die Bremer Entscheidungsträger hatten bereits früh erkannt, dass eine eGovernment-Strategie erstellt und in die Verwaltungsmodernisierung integriert werden muss, um das gesteckte Ziel zu erreichen: eine effizientere Verwaltung und weniger konsumtive Ausgaben.

Entsprechende Geschäftsprozesse in der Verwaltung wurden untersucht und optimiert, damit eine möglichst medienbruchfreie Verarbeitung entstehen konnte. Gisela Schwellach und Martin Hagen blicken in ihrem Beitrag zurück auf die Entwicklung des eGovernments in Bremen und nennen Erfolge, Erfolgsfaktoren aber auch einige Niederlagen wie die Probleme bei der Einführung der Signaturkarte.

Durch die Haushaltskonsolidierung wurde bei der technischen Modernisierung viel Wert auf Wiederverwendbarkeit gelegt. Eine Public Private Partnership, die bremen online services GmbH & Co KG (bos), soll nun die Produkte an andere Kommunen weiterverkaufen.

Die Bürger in Bremen können mittlerweile schon von 150 Online-Anwendungen profitieren. So ist es über das Internet möglich, eine Adressänderung gleichzeitig einer Reihe unterschiedlicher Institutionen zu melden. Dazu gehören Behörden, Zeitungen und auch Versorgungsunternehmen. Neben dem Stadtstaatstatus nennen die Autoren vor allem die integrative und gleichzeitige Entwicklung von Infrastruktur, Anwendungen und Zugangsmöglichkeiten als Wegbereiter des Bremer Erfolgs.

Bestandsaufnahme und Wegweiser

In zwei weiteren Beiträgen wird der Bogen zu den wirtschaftlichen Aspekten des eGovernments und dem eGovernment im europäischen Vergleich geschlagen. Insgesamt ist den Autoren eine umfangreiche Bestandsaufnahme des kommunalen eGovernments gelungen. Dem Leser wird verdeutlicht, dass eGovernment der dritten Generation zu größeren Umbrüchen in Verwaltung und Politik führen wird, als beim Aufbau der ersten Stadtinformationssysteme vermutet wurde. Interessant sind vor allem die umfassenden Hinweise auf weiterführende Literatur und Studien.

Leider wird die Zielgruppe des Sammelbandes nicht genannt. Sie dürfte allerdings auf versierte eGovernment-Experten begrenzt sein, da das “Beamtendeutsch” der meisten Beiträge für andere Leser wohl nicht immer verständlich ist. Für kommunale Entscheidungsträger kann das Buch aber sicherlich ein hilfreicher Wegweiser in Richtung erfolgreiches eGovernment sein. Hoffentlich erreicht die Publikation diese Zielgruppe auch.