Der Blogforscher und "Hard bloggin´scientist" Dr. Jan Schmidt war am 17. April 2007 zu Gast in der Blogsprechstunde, dem Chat von politik-digital.de in Kooperation mit den Blogpiloten. Er erzählte, weshalb das "Journal-Bloggen" eine weibliche Domäne ist, über die Zukunft von Weblogs und die Machtverteilung im Blog-Diskurs.

Wer den Chat verpasst hat, kann hier wieder die besten Fragen und Antworten nachlesen. Das komplette Chat-Interview gibt es auf politik-digital.de.
Warum zählt kaum eine Frau zu den Top-Bloggern Deutschlands?
"Die Top-Blogs sind Blogs, die sich mehrheitlich mit Themen befassen, die über die reine persönliche Relevanz hinausgehen, also zum Beispiel zu (Netz-)Politik, zu Populärkultur, zu Medien und so weiter. Unter Männern gibt es tendenziell mehr Blogger, die solche Themen bloggen, während die Bloggerinnen tendenziell eher Themen behandeln, die geringere Reichweite haben. Das ist kein Naturgesetz, und das heißt auch nicht, dass Bloggerinnen immer nur kleine Publika bzw. geringe Reichweite haben, aber da (wiederum tendenziell) unter Frauen das "Journal-Bloggen" weiter verbreitet ist, finden wir verhältnismäßig wenige Frauen in den Top 100."
Im Moment werden die Blogger mit Verträgen und Werbegeschenken überschüttet – ist dieser Werbekanal wirklich so relevant oder einfach nur overhyped?
"Blogs und Web 2.0 sind neu, sind sexy, haben den Ruf des Innovativen. Aber der Grundgedanke von Firmen, die Blogs als Marketingkanal nutzen wollen, ist durchaus richtig und relevant: Dafür zu sorgen, dass Blogger auch über neue Produkte berichten und so Mund-zu-Mund-Propaganda betreiben, ist für Marketingmenschen sicher reizvoll. Problem nur: Es gibt in der Blogosphäre noch eine starke anti-kommerzielle Tendenz, oder zumindest eine Grundhaltung gegen unauthentische Kommunikation."
Gibt es denn eine Zweiteilung in der Blogsophäre – die "richtigen" und "coolen" Blogger à la Schultheiss und Co. und die "anderen" genannten Tokio Hotel Fans und so weiter? Wer ist der Bessere?
"Darauf gibt es zwei Antworten: Weil ein Großteil der "Wortführer" (also der Top 100/1000/whatever, der A-List) nicht über Tokio Hotel und das Stricken schreibt, entsteht so eine Art "Abwertungsdruck", dass letztere Art von Bloggen irgendwie banal oder kein "echtes" Bloggen sei. Aber aus Sicht des Tokio-Hotel-Bloggers sind Don Alphonso, mein Blog und die re:publica womöglich völlig langweilig und schlecht, insofern ist es eine Frage des Standpunktes und der Perspektive."