Ronald Pofalla, Fraktionsvize der
CDU/CSU-Bundestagsfraktions, war am 12. August zu Gast im tacheles.02
Live-Chat von tagesschau.de und politik-digital.de. Thematisiert
wurden u.a. die Äußerungen Stoibers über die ostdeutschen
Wähler, die Aussichten auf eine Schwarz-Gelbe Mehrheit nach
der Wahl und das Verhältnis der CDU zu den Gewerkschaften

Moderator: Liebe Politik-Interessierte,
willkommen im tacheles.02-Chat. Die Chat-Reihe tacheles.02 ist ein
Format von tagesschau.de und politik-digital.de und wird unterstützt
von tagesspiegel.de. Zum Chat ist heute der Arbeitsmarktexperte
der CDU, Ronald Pofalla ins ARD-Hauptstadtstudio gekommen. Herr
Pofalla, können wir loslegen mit dem 60-Minuten-Chat mit unseren
Usern?

Ronald Pofalla: Ich freue mich
darauf.

Moderator: Die Union will Wahlkampf
über Inhalte reden. Jetzt redet alles über Stoibers Ost-Äußerungen
Macht Sie das sauer?

Ronald Pofalla: Nein, das macht
mich nicht sauer. Durch die Klarstellungen von Stoiber ist die Sache
glaube ich erledigt.
Fabrikant: Wie will Merkel Ausfälle wie den von Stoiber künftig
verhindern. Solche Äußerungen schaden auch dem Wirtschaftsklima
erheblich!

Ronald Pofalla: Individuelle Antworten
von Politikern in der CDU/CSU werden von der Bundesvorsitzenden
der CDU weder kontrolliert und schon gar nicht genehmigt. Das ist
gut so und sollte so bleiben.

Heinzpeter: Merkel hat sich von
Stoiber distanziert – was bedeutet das für den weiteren Wahlkampf
der Union?

Ronald Pofalla: Frau Merkel hat
sich von Stoiber nicht distanziert. Sie hat deutlich gemacht, dass
wir die Wahlen im Norden und im Süden, im Westen und im Osten
und damit in ganz Deutschland gewinnen wollen.

Moderator: Das heißt: Stoiber
darf weitermachen wie bisher?

Ronald Pofalla: Das heißt, dass Edmund Stoiber
nach wie vor selber für seine Aussagen verantwortlich ist.

Herr K.: Herr Pofalla, tun wir
die Sache mit Stoiber nicht einfach so ab, sondern sagen mal klar
und deutlich: Er bringt sich gerade in Verruf mit seinen nahezu
diskriminierenden Äußerungen. Würde was dagegen
sprechen, wenn Sie Superminister für Wirtschaft und Arbeit
würden? Wären sie geeignet?

Ronald Pofalla: Ob ich geeignet
bin, sollen andere entscheiden. Angela Merkel wird am kommenden
Mittwoch ihr Kompetenzteam vorstellen und dann werden wir sehen,
wen sie für geeignet gehalten hat.

Moderator: Bedauern Sie, dass
Sie nicht als erste Wahl für den Job des Wirtschaftsfachmannes
in Merkels Kompetenzteam gehandelt werden?

Ronald Pofalla: Nein, weil ich
erst seit gut 8 Monaten in diesem Aufgabengebiet tätig bin,
hatte ich nicht die zeitlichen Möglichkeiten, mich noch breiter
der Öffentlichkeit darzustellen.

Moderator: Noch mal zurück
zu Stoibers Äußerungen:

leonid: Solche Äußerungen
können wieder vorkommen? Damit stellt die CDU/CSU aber nicht
gerade Kampagnenfähigkeit und Geschlossenheit unter Beweis!

Ronald Pofalla:
Ich glaube, dass es kein besonderes Spezifikum
der CDU ist, dass Äußerungen von CDU-Politikern gemacht
werden, die die Öffentlichkeit beschäftigen. Die Heuschreckendebatte
von Müntefering ist ein Beispiel, dass das auch in der SPD
vorkommt. Der Voodoo-ökonomische Ansatz von Frau Künast
am vergangenen Sonntag, wo sie zum Kauf von in Deutschland produzierten
Waren aufgerufen hat, ist ein Beispiel für die Grünen.
Lafontaine und Gysi sind ad personam ohnehin betroffen – es kommt
also überall vor.

postmaster: Müssen Sie sich
nicht noch stärker um Ostdeutschland kümmern?

Ronald Pofalla: Es wird ab dem kommenden Mittwoch
deutlich werden, auch durch die Vorstellung des Kompetenzteams,
dass eine von Angela Merkel geführte Bundesregierung sich ihrer
Verantwortung gegenüber den neuen Bundesländern bewusst
ist. Ich halte nur nichts davon, einen spezifisch ostdeutschen Wahlkampf
zu führen. Wir haben doch gerade von 15 Jahren, Gott sei Dank,
die Deutsche Teilung beendet.

Moderator: Wie konnte es dann
sein, dass Frau Merkel zunächst einen Ost-Wahlkampf führen
wollte? War sie schlecht beraten worden?

Ronald Pofalla: Ich weiß nicht, woraus Sie
ziehen, dass Angela Merkel einen Ostwahlkampf führen wollte?
Nach meinem Kenntnisstand und den Gesprächen, die ich mit ihr
immer wieder geführt habe, war das nicht beabsichtigt.

Moderator: Nachfrage zu den Ambitionen
von Herrn Pofalla bezüglich des Kompetenzteams:

El Caballero: Aber Sie erwarten
eine Berufung??

Ronald Pofalla: Ich werde mich zu der Frage des
Kompetenzteams nicht äußern. Diese Entscheidung obliegt
ausschließlich und richtiger Weise der Kanzlerkandidatin der
Unionsparteien Angela Merkel.

doro343: Herr Pofalla, ich las
heute in der Zeitung, Sie entdeckten den "Merkel-Faktor ".
Was ist denn das??

Ronald Pofalla: Der Merkel-Faktor ist, dass die
Wirtschaftsindizes etwas nach oben gehen und deutlich wird, dass
auf Strecke auch der Binnenkonsum anspringen kann. Ein Zusammenhang
zur desaströsen Wirtschafts- und Finanzpolitik der aktuellen
rot-grünen Bundesregierung kann ohnehin nicht hergestellt werden.
Er ist deshalb für mich die Erwartung auf einen Regierungswechsel
unter Angela Merkel.

techdax: Haben wir die Teilung
wirklich beendet? Ich finde, Stoibers Sprüche weisen in die
Gegenrichtung. Mir ist nicht ersichtlich, warum Sie hier vor einer
eindeutigeren Positionierung zurückschrecken?

Ronald Pofalla: Dass wir landsmannschaftliche Unterschiede
in Deutschland, beispielsweise zwischen Bayern und Hamburg haben,
aber auch zwischen Pfälzern und Sachsen, wird von mir nicht
bestritten. Das hat aber nichts mit der alten Os-West-Teilung zu
tun.

Clara: Guten Tag, Herr Pofalla.
Erst die Äußerung von Herrn Schönbohm und nun die
von Herrn Stoiber und den unmögliche 45%-Wahlquote für
die CDU – ist es etwa Kalkül, um die Wahl von Frau Merkel zur
Bundeskanzlerin zu verhindern und somit die Partei in eine neue
Richtung zu lenken, ohne Frau Merkel als Parteichefin?

Ronald Pofalla: Das halte ich für Quatsch.
Wir brauchen am Schluss eine Zustimmung und eine Zustimmungsquote,
die uns mit der FDP zusammen die absolute Mehrheit erbringt. Ob
wir dann beispielsweise 42 % und die FDP 8 % oder wir 44 % und die
FDP 6 % hat, ist dabei eine zu vernachlässigende Frage.

Moderator: Mit CDU 38 und FDP
12 können Sie auch leben?

Ronald Pofalla: Finde ich natürlich
nicht so gut, halte ich auch nicht für realistisch. Die FDP
wird nach meiner Einschätzung ein Wahlergebnis bekommen, das
sie sicher in den Deutschen Bundestag bringt, dass das Projekt 18
% aus der vergangenen Bundestagswahl zugleich als ein intellektuelles
Anliegen unrealistischer Art darstellt.

Arbeitnehmer: Sehr geehrter Herr
Pofalla, ich frage mich schon, wie Ihre Pläne zur radikalen
Kürzung der Arbeitsförderung ist Ost mit ihrer angeblichen
Fürsorge für Ost-Deutschland zusammenpassen?

Ronald Pofalla: Zunächst einmal ist festzustellen,
dass wir für ganz Deutschland den Arbeitslosenversicherungsbeitrag
um 2 % zum ersten Januar des Jahres 2006 im Falle eines Wahlsieges
senken werden. Das bedeutet eine Entlastung von 14,5 bis 15 Milliarden
Euro für die Menschen in Deutschland und damit auch in den
neuen Bundesländern. Wir erhoffen uns von dieser Maßnahme
einen beschäftigungspolitischen Schub und damit auch neue Arbeitsplätzen
in den neuen Ländern. Die beabsichtigte Überprüfung
der einzelnen Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit
folgt dabei dem Grundsatz, dass ineffiziente Maßnahmen gestrichen
und effiziente Maßnahmen weiter fortgeführt werden können.
Wir wollen also die eingesetzten Finanzmittel der Bundesagentur
effizienter für Arbeitslose einsetzen.

kd: Welche Vorstellungen haben
Sie in Bezug auf das Kombi-Lohn-Modell?

Ronald Pofalla: Rund 39% der derzeitigen
Arbeitslosen sind ohne jede Berufsausbildung. Diese Menschen werden
immer größere Schwierigkeiten haben, in den ersten Arbeitsmarkt
zurückzukehren. Deshalb wollen wir ein Aktivlohn-Modell auflegen,
das aus einer Kombination von betrieblichen Lohnleistungen und staatlichen
Transferleistungen, insbesondere diesen Arbeitslosen die Möglichkeit
eröffnet in den ersten Arbeitsmarkt zurückkehren zu können.

Moderator: Die Union will die
Staatsfinanzen sanieren. Mehrere Wirtschaftsinstitute warnen jedoch,
der Kombilohn könne öffentliche Haushalte stark belasten.
Wie geht das zusammen?

Ronald Pofalla: Diese Langzeitarbeitslosen, die
keinen Berufsabschluss haben, würden im Falle ihrer weiteren
langjährigen Arbeitslosigkeit weiterhin Arbeitslosengeld II
bekommen. Diese staatlichen Transferleistungen sind steuerfinanziert
und wären damit vom Staat und den Bürgerinnen und Bürgern
aufzubringen. Der Kombiteil des Aktivlohn-Modells ist allemal kostengünstiger,
als über Jahre Arbeitslosengeld II weiter zahlen zu müssen.

Moderator: Die Rechnungen der
Wirtschaftsinstitute sind also falsch?

Ronald Pofalla: Die Rechnungen der Wirtschaftsinstitute
machen auf ein Problem aufmerksam, das es bei einer falschen Ausgestaltung
eines Aktivlohn-Modells zu beachten gilt. Mitnahmeeffekte der Unternehmen
müssen durch die nähere Ausgestaltung des Aktivlohn-Modells
möglichst verhindert werden. Nach unserer Überzeugung
ist daher der Kombilohnanteil nicht an das Unternehmen, sondern
an den ehemaligen Langzeitarbeitslosen selber auszuzahlen. Durch
diese, aber auch andere Ausgestaltungsmöglichkeiten kann man
die Sorge der Institute erheblich minimieren.

LiberalIstBesser: Warum immer
der alte Zopf vom Kombi-Lohn? Wenn man Menschen freiwillig Teilzeitarbeit
anbietet, während andere auf einen Teil Arbeit verzichten und
dafür einen Ausgleich vom Staat bekommen oder steuerliche Anreize?

Ronald Pofalla: Ich glaube, dass das ein Missverständnis
ist. Das Missverständnis besteht ja gerade darin, dass wir
diese Arbeitslosen als Vollzeitbeschäftigte in den ersten Arbeitsmarkt
integrieren wollen.

Cheffe: Mein Favorit für
die "Wirtschaftsplanstelle " im Kompetenzteam ist Herr
Merz. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Herr Merz
zu einer "Rückkehr " bereit ist – unter Frau Merkel?

Ronald Pofalla: Wir werden am
kommenden Mittwoch sehen, wer es ist und wir sollten gelassen bleiben,
bis dahin warten zu können.

Moderator: Gerhard Schröder
hat 1998 mit Jost Stollmann einen Mann der Tat und Quereinsteiger
für die Wirtschaft geholt. Was sinnvoll ist dieser Ansatz jetzt
für die Union?

Ronald Pofalla: Dieser Ansatz ist dann sinnvoll,
wenn aus dem Bereich der direkten Politik kein geeigneter Bewerber
zur Verfügung steht. Er ist dann sinnlos, wenn es einen Politiker
gibt, der geeignet ist, diese Aufgabe wahrzunehmen.

kd: Wie werden Sie im Falle eines
Wahlsiegs mit dem Widerstand der Gewerkschaften gegen die Reformen
im Arbeits- und Tarifrecht umgehen?

Ronald Pofalla: Ich persönlich pflege selbst
engste Kontakte zu den Einzelgewerkschaften des DGB und zum DGB
selber Daran wird sich nach einem Wahlsieg überhaupt nichts
ändern. Ich finde den Dialog zwischen der CDU und den Gewerkschaften
wichtig, hier wird sich vieles klären lassen.

Lassmichrein: Guten Tag Herr Pofalla,
wie begründen Sie eine mögliche Einschränkung der
Macht/Kompetenz der Gewerkschaften? Was hoffen Sie dadurch zu erreichen?

Ronald Pofalla: Ich glaube, dass
wir ein großes Interesse daran haben müssen, dass wir
starke Gewerkschaften weiterhin haben. Zum Zeitpunkt der deutschen
Einheit gab es 11 Millionen Menschen, die in den Gewerkschaften
organisiert waren. Zurzeit sind es leider nur noch 6 Millionen.
An dieser Entwicklung kann keiner Interesse haben. Starken Arbeitgeberorganisationen
müssen starke Gewerkschaften gegenüber stehen. Deshalb
geht es überhaupt nicht um die Schwächung der Gewerkschaften.

Moderator: Sie werden also Herrn Westerwelle im
Koalitionsfall bändigen müssen?

Ronald Pofalla: Im Falle einer Koalition mit der
FDP – die ich für richtig halte und die ich will – wird immer
noch "der Hund die Bewegung des Schwanzes" bestimmen.

Moderator: Zwei Fragen mit ähnlichem
Tenor zum Thema Mehrwertsteuer:

frustierter_ossi2: Aber hemmt
nicht gerade die Mehrwertsteuer-Erhöhung die dringend benötigte
Steigerung der Binnennachfrage?

Karl-Heinz: Sehr geehrter Herr
Pofalla, da ich grundsätzlich mehr mit der CDU/CSU sympathisiere,
fällt es mir schwer, die von der Union angestrebte Erhöhung
der Mehrwertssteuer zu akzeptieren. Zwar senken sich dann die Lohnnebenkosten,
aber das rechnet sich doch wohl niemals für den Otto-Normal-Verbraucher,
oder?

Ronald Pofalla: Der vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer
hat durch die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages eindeutig
mehr als ihm durch die Erhöhung der Mehrwertssteuer um 2% abverlangt
wird. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die 2-prozentige
Mehrwertsteuer-Erhöhung für wichtige Lebensbereiche gar
keine Wirkung entfaltet. So ist beispielsweise bei Mieten
es so, dass darauf gar keine Mehrwertssteuer erhoben wird. Im Übrigen
wird der einfache halbierte Mehrwertsteuersatz von 7% nicht erhöht.

Eicki: Sie sprachen eben von 14,5
bis 15 Mrd. Entlastung durch die 2% Absenkung der Arbeitslosenversicherung
– Wie sieht die Gegenfinanzierung aus? Könnten Sie außerdem
etwas zu einem eventuell geplanten Subventionsabbaus sagen?

Ronald Pofalla: Die Gegenfinanzierung ist ganz
einfach: Wir werden das Geld aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer,
das dem Bund zusteht, in die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags
einbringen. Der verbleibende Teil der Gegenfinanzierung wird im
Wesentlichen durch Kürzungen und Umstrukturierungen bei der
Bundesanstalt der Arbeit erreicht. Im Zuge der beabsichtigten Steuerreform
und der Senkung des Spitzensteuersatzes wie des Eingangsteuersatzes,
werden wir einen Großteil der steuerrechtlichen Sondertatbestände
abschaffen. Schließlich wird eine unter Angela Merkel geführte
Bundesregierung bereits kurz nach der Bundestagswahl mit der Landesregierung
in NRW und der Ruhrkohle AG über die Kohlesubventionen und
damit über den sozialverträglichen Auslaufbergbau verhandeln.
Wir werden zwar betriebsbedingte Kündigungen verhindern, aber
über einen mittelfristigen Prozess die Kohlesubventionierung
beenden.

Moderator: Noch mal zum Thema Kompetenzteam:

Cheffe: Sie sagen, dass es nur
sinnvoll ist, jemanden Externen zu holen, wenn es aus der direkten
Politik niemand anderen gibt. Ist der Grund dafür, dass es
sonst Unmut innerhalb der direkten Politik gibt – oder geht es tatsächlich
darum, dass Leute aus der direkten Politik mehr Gespür dafür
haben, was sinnvoll ist? Ist eine Frau/ein Mann von außerhalb
nicht auch sinnvoll in Hinblick auf Unabhängigkeit gegenüber
Interessensgruppen?

Ronald Pofalla: Die Frage der Unabhängigkeit
gegenüber Interessengruppen halte ich für wichtig. Dabei
ist allerdings egal, ob jemand von der Politik oder von außen
kommt. Ich bin der Auffassung, dass politische Ämter mit möglichst
hoch qualifizierten Personen besetzt werden. Ob dabei jemand aus
der Politik kommt oder von außen, halte ich nicht für
entscheidend.

LiberalIstBesser: Herr von Pierer
soll angeblich im Gespräch gewesen sein. Inwiefern sollte ein
Politikfremder das Unionsprogramm umsetzen, obwohl dieser nicht
einmal mitgearbeitet hat? Mehr PR als Politik?

Ronald Pofalla: Nun warten wir wirklich mal den
kommenden Mittwoch ab. Da sind viele der gestellten Fragen überflüssig
geworden.

Moderator: Wie kommt es denn,
dass jetzt diese Namen prominenter Manager genannt werden? Reine
Medienerfindungen?

Ronald Pofalla: Journalisten sind kreativ, intelligent
und immer auf der Suche. Ich halte es für legitim, dass sie
so auch zu Personalspekulationen beitragen. Die Antworten werden
aber am kommenden Mittwoch gegeben

arthur: Wie stehen Sie zur Forderung
Ihres potenziellen Koalitionspartners FDP, die Bundesagentur für
Arbeit müsse aufgelöst werden?

Ronald Pofalla: Ich halte diesen Ansatz für
wenig hilfreich. Es geht doch vor allem darum, einer Institution
die Fachkompetenz im Bereich der Arbeitsvermittlung zuzuweisen.
Die Bundesagentur wird in diesem Jahr umfänglich und hoffentlich
erfolgreich umorganisiert. Das Ergebnis sollten wir abwarten und
dann entscheiden, ob gegebenenfalls weitere organisatorische Maßnahmen
innerhalb der Agentur notwendig sind.

Polizist: Die Erhöhung der
Mehrwertsteuer erhöht doch nur den Hang zur Schwarzarbeit.

Ronald Pofalla: Die Senkung des
Arbeitslosenversicherungsbeitrages bewirkt aber genau das Gegenteil.
Wenn wir die Lohnnebenkosten in Deutschland senken, wird Arbeit
in Deutschland bezahlbarer. Wir werden über die beabsichtigte
2-prozentige Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages die
kommende Legislaturperiode nutzen, um zu weiteren Senkungen bei
den Lohnnebenkosten zu kommen. Das ist der richtige Weg.

silbermondimweiher: Ist das Modell
der Vollzeitbeschäftigung nicht längst überholt?
Gesamtwirtschaftliche Vollzeitbeschäftigung ist doch nicht
mehr möglich, warum nicht Teilzeitarbeit?

Ronald Pofalla: Unser Kernproblem neben der hohen
Arbeitslosigkeit in Deutschland ist, dass wir seit Jahren vollzeitbeschäftigungspflichtige
Arbeitsverhältnisse verlieren. Täglich werden in Deutschland
über 1000 Arbeitsplätze vernichtet. In den letzten 4 Jahren
haben wir rund 1,5 Millionen Arbeitsplätze verloren. Diese
Entwicklung muss gestoppt und in das genaue Gegenteil umgesteuert
werden. Ohne neue Arbeitsplätze werden wir unsere Probleme
auf der Einnahmeseite des Staates wie in den Sozialversicherungssystemen
auf Strecke nicht wirksam lösen können.

Eicki: Zunächst einmal vielen
Dank für Ihre erfreuliche Antwort. Sie sprachen über Umstrukturierung
der BfA – ist diese nicht gerade grundlegend umstrukturiert worden?
Was hat das gebracht, bzw. was wollen Sie anders machen? Ich stimme
allerdings zu, dass bei der BfA sicherlich schon viel am Prozess
selbst gespart werden kann.
arthur: Können Sie die geplante Umorganisation der Bundesagentur
in einigen Punkten skizzieren?

Ronald Pofalla:
Sie meinen sicher die Bundesagentur und
nicht die BfA?! Der Umstrukturierungsprozess bei der Bundesagentur
wird gegen Ende des Jahres erst abgeschlossen sein. Ziel dieses
Umstrukturierungsprozesses war und ist es, vor allem die Vermittlungstätigkeit
der Bundesagentur substantiell zu verbessern. So ist beispielsweise
eines der Ziele, das Zahlenverhältnis zwischen Vermittler und
Kunde der Arbeitsagentur deutlich zu verbessern. Das Ende des Umbauprozesses
sollte abgewartet werden, um zu einer abschießenden Beurteilung
zu kommen.

Fux: Zur Steuerpolitik: Wie soll
eine Unternehmenssteuerreform aussehen, abgesehen von der Senkung
des Körperschaftssteuersatzes? Soll auch das Umsatzsteuerrecht
vereinfacht werden?

Ronald Pofalla: Über die Einzelheiten werden
wir uns noch zu unterhalten haben. Bei der Körperschaftssteuer
wollen wir in einem ersten Schritt von 25 % auf 22 % runter, weil
wir dieses finanzieren können.

vanDyck: Wird Schwarz/Gelb die
Ökosteuer und den Solidaritätszuschlag verringern? Damit
wäre netto wirklich mehr in der Tasche?

Ronald Pofalla: Angesichts eines strukturellen
Haushaltsdefizits von mindestens 40 Milliarden Euro haben wir in
unserem Wahlprogramm die steuerpolitischen Vorstellungen auf die
Teile konzentriert (Einstiegs- und Höchststeuersatz), die wir
wirklich auch umsetzen können. Zum Solidaritätszuschlag
und zur Öko-Steuer gibt es daher im Wahlprogramm der Union
keine Aussage.

2g: Stimmte es, dass in der CDU geplant wird, das
BAföG abzuschaffen?

Ronald Pofalla: Studienförderung ist eine
wesentliche Voraussetzung dafür, um Bildungsgerechtigkeit zu
ermöglichen. Im Zusammenhang mit der möglichen Einführung
von Studiengebühren und deren Finanzierung durch die Studenten,
gibt es eher Überlegungen, durch welche Instrumente diese Finanzierung
ermöglicht werden kann. An die Abschaffung des Bafögs
denkt bei uns keiner.

kacperle: Da es in den aktuellen
Umfragen ja nicht unbedingt nach einer absoluten Mehrheit für
Schwarz/Gelb aussieht – was halten Sie persönlich von einer
Großen Koalition zusammen mit der SPD?

Ronald Pofalla: Es gibt keine
einzige Umfrage bis heute, die nicht dem Bündnis aus CDU/CSU
und FDP eine Mehrheit gibt. Von daher erübrigen sich Überlegungen
zur Großen Koalition, die ich im Übrigen auch für
falsch halte.

Moderator: Widerspruch! Der Deutschlandtrend
sieht zum zweiten Mal in Folge ein Patt zwischen Schwarz-Gelb und
Rot-Rot-Grün. Beide liegen bei 48 Prozent.

Ronald Pofalla: Damit steht aber fest, dass es
keine einzige Umfrage gibt, die eine Mehrheit gegen CDU/CSU und
FDP ermöglicht. Sollten die ARD-Umfragen sich am 18. September
als realistisch herausstellen, dann ist es unsere Aufgabe nur noch
wenige tausend Stimmen zu gewinnen, damit es zu genau diesem Patt
nicht kommt. Ich denke, dass uns das gelingt.

Moderator: Unsere Zeit ist bereits
um. Vielen Dank an alle User für das große Interesse.
Etliche Fragen sind leider unbeantwortet geblieben. Vielen Dank,
Herr Pofalla, dass Sie sich Zeit für den Chat genommen haben.
Das Transkript dieses Chats finden Sie auf den Seiten der Veranstalter.
Den nächsten Chat gibt es am Mittwoch, den 17. August, ab dreizehn
Uhr mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Olaf Scholz. Das tacheles.02-Team
wünscht allen noch einen angenehmen Tag!

Ronald Pofalla: Ich bedanke mich bei allen, die
bei diesem interessanten Chat und dem damit verbundenen Dialog teilgenommen
haben und würde mich über eine erneute Einladung der ARD
sehr freuen.