Am Dienstag, den 21. März 2006, war
Peter Harry Carstensen
,
Ministerpräsident von Schleswig-Holstein
,
zu Gast im tagesschau-Chat in Kooperation mit politik-digital.de.
Er beantwortete Fragen zum hessischen Einbürgerungstest, zur
Föderalismusreform, zu den anstehenden Landtagswahlen und zu
Studiengebühren und Bildungspolitik.

Moderator:
Verehrte Politik-Interessierte, herzlich willkommen zum tagesschau-Chat.
Heute stellt sich Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident
von Schleswig-Holstein, Ihren Fragen. Sie können Ihre Fragen
jederzeit stellen, wir sammeln und schauen, wie viele wir schaffen.
Peter Harry Carstensen chattet aus Kiel. Einen guten Tag, Herr Ministerpräsident
nach Kiel und die Frage: Können wir beginnen?

Peter Harry Carstensen: Moin, natürlich
können wir beginnen! Freue mich auf den Chat. Hier war bis
eben gutes Wetter, jetzt fängt es an zu schneien. Ich hoffe,
dass es woanders gut bleibt.

Moderator: Das Schöne am Chat: alles wetterunabhängig,
Hauptsache die Strommasten bleiben stehen: beginnen wir damit:

isi: Ist ein Fragebogen auf hohem Niveau als Einbürgerungstest
wirklich sinnvoll?

Peter Harry Carstensen: Es ist schon notwendig,
dass eine Einbürgerung etwas schwieriger sein wird, als Mitglied
eines Vereins zu sein und ich bin schon dafür, dass es richtig
ist, auch Hürden aufzubauen, um deutlich zu machen, dass man
wirklich den Schritt auch überlegt. Deutsch zu werden heißt,
Teil einer Gesellschaft zu werden, die besondere Werte und Traditionen
hat und pflegt. Es muss auch deutlich gemacht werden, dass man das
will. Ob es nun richtig ist, dass dies ein Test mit 100 Fragen ist,
das kann und sollte man diskutieren.

Hansi88: Ich finde, dass Einbürgerungstests
doch nur dann helfen, wenn unsere Politiker selbst diesen Fragen
gewachsen sind?

m.d.: Herr Carstensen, können Sie alle Fragen
des hessischen Einbürgerungstests aus dem Stegreif beantworten?

Peter Harry Carstensen: Aus dem Stegreif könnte
ich sie nicht beantworten, aber mit etwas Vorbereitung bekomme ich
das hin. Es geht aber nicht darum, dass man das aus dem Stegreif
beantworten kann, sondern dass man sich mit der Kultur, mit der
Geschichte, mit der Politik des Landes beschäftigt und das
kann man in der Vorbereitung auch tun.

Moderator: Zweimal zum gleichen Thema:

Thommy: Meiner Meinung nach ist der Einbürgerungstest
ja sehr sinnvoll. Aber was bringt der gleiche noch, wenn man eh
schon alles Fragen zuhause vorbereiten kann? Stellt das nicht direkt
den gesamten Sinn dieses Tests in Frage?

Minas: Glauben Sie wirklich an den Sinn von Einwanderungstest
in der Form dieses Fragenkatalogs, wenn man bedenkt, dass man schlichtweg
100 Antworten auswendig zu lernen braucht? Wäre die Möglichkeit
individueller Entscheidung (‘Auswahlgespräche’) nicht besser
als Grundlage?

Peter Harry Carstensen: Also erst einmal habe
ich gesagt, dass man sich bei der Vorbereitung auch mit der Kultur
und der Geschichte eines Landes beschäftigt. Das ist ja auch
Sinn des Tests, dass man sich nicht so einfach anmelden kann wie
bei einem Verein. Aber über das Verfahren sollte sicherlich
noch mal gesprochen und diskutiert werden.

Moderator: Kommentar von:

mulfi: Ich lebe in Kanada und erlebe tagtäglich Einwanderung
in seiner buntesten Form. Deutschland kann sich meiner Meinung nach
endlich mal erlauben, auch die eigenen Wünsche auszudrücken
und durchaus kontrollieren, wen sie ins Land lassen. Ich finde den
Einbürgerungstest absolut in Ordnung.

Moderator: und Frage von:

Eberhard: Ist es nicht sinnvoller, Sprachkenntnisse
abzufragen?

Peter Harry Carstensen: Das ist eine Voraussetzung.
Es ist nicht so, dass man an der Grenze stehen kann und sagen kann,
ich will Deutscher werden. Schon heute gibt es Voraussetzungen,
nämlich: acht Jahre Aufenthalt, selbst für das Einkommen
sorgen zu können, die Sprache zu beherrschen. Also, es ist
jetzt auch nicht von heute auf morgen möglich, die deutsche
Staatsbürgerschaft anzunehmen und das ist auch gut so. Im Übrigen
stimme ich dem zu, was Mulfi gesagt hat: Wer Deutscher werden will,
hat auch gewissen Ansprüchen zu entsprechen.

Moderator: Und noch mal im Doppelpack:

Peter: Ich denke, die Tests sind in Ordnung, die
Auswahl der Fragen aber unglücklich. Völlig unverständlich
bleibt aber, warum jedes Bundesland seinen eigenen Katalog aufstellt.
Hier zeigt sich doch nur wieder, wie verwaltungsintensiv der Föderalismus
ist, oder?

Schneemann: Sollte so ein Fragebogen nicht Aufgabe
der Bundesregierung sein? Wieso bearbeiten einzelne Länder
dieses Thema?

Peter Harry Carstensen: Im Moment wird das Thema
von einzelnen Ländern aufgegriffen. Es ist aber sinnvoll, dort
ein gemeinsames, abgestimmtes Verfahren zu finden. Es wäre
ja unsinnig, die Staatsbürgerschaft in Rheinland-Pfalz zu beantragen,
weil es dort vielleicht einfacher wäre um dann anschließend
nur über den Rhein zu gehen und in Hessen zu wohnen. Das kann
es ja wohl nicht sein.

Janosch: Als zusätzliche Hürde vor der
Einwanderung finde ich den Test nicht schlecht. Wie viel Fragen
in Prozent sollte man denn als Einbürgerungskandidat Ihrer
Meinung nach richtig haben?

Peter Harry Carstensen: Jetzt muss ich den Test
wohl selbst noch mal machen, damit ich selbst weiß, was ich
als Deutscher jetzt schon beantworten kann. Ich habe ja gesagt,
dass man über den Test, über die Art eines Tests sicher
noch einmal diskutieren muss.

Lucas: Der beste Zugang zu einer Gesellschaft
ist doch die Sprache. Mir erscheint es so, als wolle die Politik
mit dem Wissenstest den Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft
erschweren. Wer durchfällt ist dann selber Schuld und die Politik
ist fein raus, da sie kein weiteres Geld für Integration und
Deutschunterricht aufwenden muss.

Peter Harry Carstensen: Das ist nicht der Fall.
Wir werden in Schleswig-Holstein schon im Kindergarten Sprachtests
einführen. Sprache hat etwas mit Integration zu tun. Aber Integration
ist ein Weg, eine Sache von zwei Seiten. Man muss zulassen, dass
integriert wird, man muss helfen, dass integriert werden kann und
man muss Integration auch wollen. Wer nicht Deutsch spricht und
nicht Deutsch sprechen will, zeigt, dass er sich auch nicht integrieren
will.

mulfi: In Kanada gibt es Provinzen, wo es einfacher
ist, einzuwandern. Das liegt aber an der wirtschaftlichen Lage der
einzelnen Provinzen. Man versucht in einwohnerschwachen Regionen,
eher zu unterstützen, so dass nicht alle Neuankömmlinge
nach Toronto oder Vancouver gehen. Könnten Sie sich das nicht
auch für Deutschland vorstellen?

Peter Harry Carstensen: Das Grundgesetz sieht
eine Freizügigkeit für jeden Deutschen vor. Wer Deutscher
geworden ist, hat das Recht auf diese Freizügigkeit und das
ist auch gut so. Wenn ich richtig informiert bin, ist Kanada etwas
größer als Deutschland. Hier ist das keine Lösung.

OW: Schauen wir uns mal zwei Szenarien an. Zum
einen ein ‘reicher’ Einwanderer, der in das Land investieren möchte
und zum anderen ein ‘Otto-Normal’ Einwanderer, der sich hier eine
Existenz aufbauen will. Könnte es dort Unterschiede geben?
Wie stehen Sie dazu?

Moderator: In Kanada sind die Investitionen, die
der Einwanderer mitbringt, wohl von Bedeutung. Oder es war so.

Peter Harry Carstensen: Nein, da gibt es überhaupt
keine Unterscheide, weil es hier nicht um Einwanderung geht, sondern
um den Erwerb der Staatsbürgerschaft, die – wie schon erwähnt
– auch an andere Voraussetzungen gebunden ist, wie einen achtjährigen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

Moderator: Gut, vielleicht steht die Einbürgerung
am Ende einer Einwanderung. Aber steht dieses Thema Fragenkatalog
nicht genau für den Umgang mit der Einwanderung?

Peter Harry Carstensen: Nein, das glaube ich nicht.
Hier geht es darum, denjenigen, die hier schon lange leben auch
die Möglichkeit zu geben, auch die deutsche Staatsbürgerschaft
zu erwerben.

Porthos: Was ist mit den ausländischen Jugendlichen/Kindern,
wenn die Eltern sich entschließen, die deutsche Staatsbürgerschaft
anzunehmen? Müssen diese dann auch einen Test machen?

Peter Harry Carstensen: Das ist eine schwierige
Frage. Hat sicherlich etwas mit dem Alter zu tun und ob sie hier
zur Schule gehen und unsere Kultur, Wirtschaft und Politik im Unterricht
kennen lernen.

krawallier: Wieso muss sie noch erschwert werden,
wenn es sowieso keinen ‘Run’ auf die deutsche Staatsbürgerschaft
gibt?

Peter Harry Carstensen: Das hat nichts mit "run"
oder Nachfrage zu tun, sondern mit einem Selbstverständnis
und Selbstbewusstsein der deutschen Nationalität zu tun.

Chris1: Welche Probleme hat es denn bisher gegeben,
so dass plötzlich die Einführung von Einbürgerungstests
erwogen wird?

Peter Harry Carstensen: Es geht um Integration.
Und Integration insbesondere dann, wenn auch noch die deutsche Staatsbürgerschaft
angestrebt werden soll. Dann sind Voraussetzungen zu erfüllen.
Und diese Voraussetzungen haben zu tun mit der deutschen Sprache
und der Gesellschaft in die jemand reingehen will. Ich will deutlich
machen, dass es hier nicht um einen Vereinsbeitritt geht, sondern
hier werden Rechte und Pflichten, die sich aus unserem Grundgesetz
ergeben, übernommen.

Frühling: Wie sehr kann die Demographie bei
der Diskussion eine Rolle spielen? Es werden immer mehr Kinder geboren.
Wäre da nicht die Alternative ausländischen Bürgern
die Staatsbürgerschaft zu erleichtern, um sie an Deutschland
zu binden?

Peter Harry Carstensen: Leider werden immer weniger
Kinder geboren. Aber ich glaube, das Problem wird noch nicht so
richtig erkannt. Es geht nicht um ein Erschweren oder Erleichtern,
sondern es geht um eine Einbürgerung, um eine Staatsbürgerschaft,
um ein Identifizieren mit dieser Gesellschaft und mit diesem Staat.
Und ich bin doch der Meinung, dass dieses auch abgeprüft werden
muss.

Moderator: Eindeutige Gegenposition von:

Hakki Cavus: Der Test hat nichts mit Sprache zu
tun, vielmehr ist enthält es Elemente einer Aufdoktrinierung
einer Gesinnung. Wo bleibt die ach so propagierte Meinungsfreiheit,
die insbesondere bei den Verunglimpfungen eines religiösen
Wertes so sehr gepriesen wurde?

Peter Harry Carstensen: Dann habe ich einen anderen
Test gelesen. Diese Meinung kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Ich bin im Übrigen der Meinung, dass wir auch in Deutschland
andere Probleme haben und staune so über den Stellenwert dieser
Diskussion. Ich gehe davon aus, dass in der nächsten Woche
die Diskussion auf einer ganz anderen Basis geführt werden
kann.

Moderator: Aus welchem Grund? Weil die Landtagswahlen
dann vorbei sind?

Peter Harry Carstensen: Sicherlich auch.

Lilith und Kain: Herr Carstensen, warum ist das
Thema ‘Der Ausländer’ für die CDU vor Wahlen so interessant?

angie: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass Sie
mit Ihren Plänen zu einem Einbürgerungstest am rechten
Rand des politischen Spektrums fischen?

Peter Harry Carstensen: Das ist Unsinn. Gerade
dieser Chat und die Fragen zeigen doch, dass es hier sehr unterschiedliche
Meinungen gibt und die haben nichts mit dem rechten Rand des politischen
Spektrums zu tun. Ich bin hier doch nicht in einem rechten Chat.

Wahlausgag: Herr Carstensen. Welche Rolle spielt
der Wahlausgang am kommenden Sonntag für die große Koalition
in der Bundespolitik?

Peter Harry Carstensen: Überhaupt keine.
Die große Koalition ist ein Bündnis der Vernunft, in
Berlin genauso wie in Schleswig-Holstein. Wer sich in Verantwortung
um die Probleme in Deutschland und auch in Schleswig-Holstein kümmert,
der lässt sich
von den Wahlergebnissen überhaupt nicht beeinflussen.

Moderator: Als Landesvater und Großkoalitionär
in Kiel: Was ist der wichtigste Tipp, den Sie Angela Merkel gegeben
haben – oder geben?

Peter Harry Carstensen: Erst einmal dafür
zu sorgen, dass man menschlich miteinander arbeiten kann. Zweitens
dafür zu sorgen, dass die wichtigen Probleme in Verantwortung
und in der richtigen Reihenfolge abgearbeitet werden können.
Drittens den Rücken gerade halten, weil es bei der Lösung
großer Probleme auch Gegenwind geben wird.

unknown: Herr Carstensen, eine Frage zur Bildungspolitik:
Die Kompetenz dafür soll vollständig an die Länder
übergeben werden. Macht es wirklich Sinn angesichts von PISA
und Globalisierung gerade auf diesem Gebiet Kleinstaaterei zu betreiben?
Sind Sie der Meinung, dass die Bürger (auch die Schüler)
mit dieser Dezentralisierung der Bildung einverstanden sind?

Peter Harry Carstensen: Es gibt ja die Kultusministerkonferenz,
die die Aufgabe hat, die Bildungspolitik der Länder zu koordinieren.
Aber Kultur ist natürlich in den Ländern unterschiedlich.
Und dem gerecht zu werden und die Vorteile unterschiedlicher Kulturen
herauszuarbeiten, dient die Kulturpolitik der Länder.

Moderator: Und was sagen Sie zum Vorwurf der Kleinstaaterei?
Schließlich ist ein Umzug mit zwei Kindern in unterschiedlichem
Schulalter von Berlin nach München heute schon ein echtes Abenteuer.
Das kann viel Nachhilfeunterricht kosten.

Peter Harry Carstensen: Das kann ein Problem sein
und diese Probleme müssen minimiert werden. Das hat aber nichts
damit zu tun, ob die Länder ihre Kulturhoheit wahrnehmen oder
nicht. Wenn Sie in Bayern von der Oberpfalz ins Allgäu ziehen,
wenn Sie in Schleswig-Holstein von Nordfriesland nach Stormarn ziehen,
gibt es auch Probleme. Die Länder haben auch ein Interesse
daran, ihre eigenen Bildungsstandards hochzuhalten und nicht gleichmachen
zu lassen. Wettbewerb
kann hier belebend wirken.

Migi: Führt diese Kompetenzverteilung nicht
dazu, dass in den Ländern bei einem Regierungswechsel die Schulpolitik
immer wieder neu orientiert und den Vorstellungen der Regierungspartei/
-koalition angepasst wird?

Peter Harry Carstensen: Die Gefahr gibt es in
allen Politikbereichen. Aber ich glaube, wir tun der Schulpolitik
keinen Gefallen, wenn wir weiter an ideologischen Grabenkämpfen
festhalten. Diese werden auf dem Rücken von Schülerinnen
und Schülern ausgetragen. Wir sollten uns vielmehr die demografische
Entwicklung in unseren Regionen ansehen und werden dann feststellen,
dass der Mangel an Schülern uns vor ganz andere Probleme stellen
wird. Und die haben wir pragmatisch zu lösen.

manu: Zur Föderalismusreform: Soll die Föderalismusreform
so umgesetzt werden wie sie jetzt ist? Trotz Ihrer Mängel vor
allem im Umweltbereich? Schaffen Sie dadurch nicht ‘verfassungswidriges
Verfassungsrecht’? Es gibt dann zum einen den Rechtsgrundsatz ‘Bundesrecht
bricht Landesrecht’ zum anderen die ‘Abweichungsgesetzgebung’ der
Länder.

Peter Harry Carstensen: Wenn die "Abweichungsgesetzgebung"
der Länder im Grundgesetz festgeschrieben ist, dann ist das
natürlich nicht verfassungswidrig. Schleswig-Holstein ist nicht
über alle Regelungen, die vorgeschlagen sind, begeistert und
das haben wir auch deutlich gemacht. Aber es ist notwendig, dass
wir eine Neuordnung der bundesstaatlichen Ordnung bekommen. Es muss
deutlich werden, wer für welche Politikbereiche verantwortlich
ist und wir haben Verantwortlichkeiten in letzter Zeit außerordentlich
stark verwischt.

ichdasich: Entschuldigen sie die Zwischenfrage,
aber wo sie gerade so motiviert über Schulpolitik reden – wann
waren sie das letzte Mal in einer?

Peter Harry Carstensen: Ich habe häufiger
hier Schulklassen hier bei mir und es ist auch erst wenige Wochen
her seit ich eine Schule besucht habe. Aber man muss auch nicht
krank gewesen sein, um zu wissen, wie Gesundheitspolitik gemacht
wird.

Guest1617: Erfahrungsgemäß wird jährlich
das Bildungsbudget in den neuen Bundesländern gekürzt.
Ist es aus dieser Sicht sinnvoll, den einzelnen Ländern weitere
Befugnisse zuzusichern?

Peter Harry Carstensen: Ich weiß nicht,
ob die erste Aussage stimmt. Ich kann nur für mein Land reden:
Für uns ist die Bildungspolitik Schwerpunktpolitik. Sie fängt
übrigens nicht erst in der Schule an, sondern sie beginnt schon
im Kindergarten, insbesondere im letzten Kindergarten-Jahr.

DerDude: Wäre es nicht auch Konsequent, einige
Bundesländer zusammenzulegen, in Hinblick auf Kosten, demografische
Entwicklung, ausufernde Verwaltung? Haben die Stadtstaaten, z.B.
Bremen und Hamburg heutzutage noch ein Existenzrecht als eigenes
Bundesland?

Peter Harry Carstensen: Unsere Zusammenarbeit
mit Hamburg ist exzellent. Wir tun alles, um noch enger zusammen
zu arbeiten. Aber einen Zusammenschluss
müssen die Bürgerinnen und Bürger entscheiden.

endgegner: Was für Änderungen würden
sie noch an der Föderalismusreform vornehmen?

Peter Harry Carstensen: Wir haben Probleme mit
der Neuordnung des Beamtenrechts, mit dem Strafvollzug, den die
Länder übernehmen sollen und wir haben natürlich
Sorgen, dass wir bei der Hochschulförderung den Kürzeren
ziehen könnten.

der Wilde: Apropos, was halten sie von der teilweisen
Privatisierungen von Justizvollzugsanstalten wie sie in Hessen teilweise
stattfindet?

Peter Harry Carstensen: Ich halte viel von Privatisierungen.
Aufgabe des Staates ist, für die Sicherheit zu sorgen und auch
für den Strafvollzug zu sorgen. Länder müssen nicht
Eigentümer von Gefängnissen sein, sie müssen dafür
sorgen, dass es Gefängnisse gibt.

Fischer: Herr Ministerpräsident, bremst sich
die große Koalition in Kiel nicht manchmal selbst? Sicher,
Sie hätten lieber mit der FDP regiert, aber nehmen interne
Konflikte nicht zu?

Peter Harry Carstensen: Nein. Kommen Sie: Wir
laden Sie ein, diese Koalition einmal zu beobachten. Wer in der
Lage gewesen ist, Haushaltseckwerte im Kabinett zu beschließen,
die einen intensiven Sparhaushalt beschreiben, wie wir das in der
letzten Woche gemacht haben, bei dem kann man nicht von Konflikten
sprechen natürlich haben wir unterschiedliche politische Auffassungen,
aber das Land hat riesige Probleme, die wir auch gemeinsam lösen
können und müssen. Das tun wir.

Moderator: Da fällt mir ein: Heide Simonis
hat erklärt, sie wisse, wer der "Heide“-Mörder
ist. Wissen Sie es auch?

Peter Harry Carstensen: Nein, ich weiß es
nicht. Und ich gebe gerne zu, mich interessiert es auch außerordentlich
wenig. Bei uns geht es nicht darum, einen Dolch zu suchen, sondern
Hacke und Spaten in die Hand zu nehmen und für das Land zu
arbeiten.

Wahlausgag: Der Wahlausgang in Baden-Württemberg
scheint relativ klar an die CDU zu gehen. In RLP bleibt wahrscheinlich
Herr Beck an der Regierung. Welchen Wahlausgang prognostizieren
Sie für Sachen-Anhalt?

Peter Harry Carstensen: Prognosen sind deswegen
immer so schwer, weil sie in die Zukunft gerichtet sind. Deshalb
wage ich mich da nicht ran. Und was ich von Demoskopen halte, sage
ich nach der Wahl in Schleswig-Holstein lieber nicht.

tach: Welche Ratschläge geben Sie – nach
Ihren eigenen Erfahrungen – Christoph Böhr in Rheinland-Pfalz
auf den Weg?

Peter Harry Carstensen: Siegen wollen und arbeiten
bis zum letzten Tag, bis zur letzten Stunde.

timo111: Herr Ministerpräsident: Was halten
sie von dem Vorschlag, Kindergartenplätze umsonst zu Verfügung
zu stellen? Ich bin selbst Gemeinderat und weiß, dass die
Kommunen am Ende wieder die Zahler sind. Was will die Politik noch
alles auf die unterste Ebene abschieben?

Peter Harry Carstensen: Ich halte Kindergartenplätze
gerade in Hinsicht auf die Schulpolitik für außerordentlich
wichtig. Es wäre schön, wenn wir uns das leisten könnten,
insbesondere das letzte Kindergartenjahr für die Eltern kostenfrei
zu gestalten. Mir ist aber sehr bewusst, dass wir uns das als Land
und die meisten Kommunen derzeit nicht leisten können.

nordmann: Sind Sie für Studiengebühren
in Schleswig-Holstein und wenn ja, glauben Sie diese mit der SPD
durchsetzen zu können?

IngoKiel: Ich bin Student aus der Landeshauptstadt
Kiel und würde gerne kurz und prägnant Ihre Meinung zum
Thema Studiengebühren in Schleswig-Holstein lesen!

Peter Harry Carstensen: Ich halte Studiengebühren
für dringend geboten. Wir werden allerdings, so steht es im
Koalitionsvertrag, keinen Alleingang machen, aber auch keine Insellösung
zulassen, wenn Studiengebühren in den Nachbarländern eingeführt
werden. Studiengebühren müssen den Universitäten
zugute kommen und dienen nicht dazu, Haushaltslöcher zu füllen.
Voraussetzung ist ein vernünftiges Darlehensystem und ein System
von Stipendien. Keiner darf durch Studiengebühren abgehalten
werden, zu studieren. Kann mir mal jemand verraten, warum Studiengebühren
von Bösem sein sollen? Wohingegen jeder erwartet, dass Kindergartenplätze
durch Eltern finanziert werden müssen?

Oskar: Herr Carstensen, ich war enttäuscht,
dass Sie angetreten sind, um Schulden abzubauen und die Staatsverschuldung
brutal erhöht haben. Woher kommt die Füllhornausschüttungslust,
wenn man erst an der Macht ist?

Peter Harry Carstensen: Ich weiß nicht,
woher Sie diese Informationen haben. Sie haben sich sicherlich nicht
über Schleswig-Holstein informiert.

Moderator: Eine Stunde tagesschau-Chat ist vorbei.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident, dass Sie sich Zeit für
den Chat genommen haben! Es sind noch jede Menge Fragen vorhanden,
aber wir beschränken uns ja auf 60 Minuten. Vielen Dank an
alle interessierten Chatter und noch der Hinweis: Am kommenden Montag
chatten wir am Tag nach der Landtagswahl um 14.30 Uhr mit dem ARD-Wahlexperten
Jörg Schönenborn. Am Dienstag stellt sich dann Bundesinnenminister
Wolfgang Schäuble ab 13.45 Uhr der Diskussion. Das Protokoll
dieses Chats gibt’s in Kürze zum Nachlesen auf den Seiten
von tagesschau.de und politik-digital.de. Wir wünschen allen
noch einen schönen Tag!

Peter Harry Carstensen: Danke für die Fragen
und die Möglichkeit zu antworten. Beste Grüße aus
Kiel.