Auf ihrer Tour durch Deutschland machte Frau Schipanski auch bei uns in der Hamburger
Speicherstadt Station. In ihrer Chat-Premiere stellte sie sich u.a. den Fragen zu ihrer
Kandidatur. (13. April 1999)

Schipanski:
Ich begrüsse die Besucher und wünsche mir gute Fragen!
Moderator:
Liebe Frau Schipanski, herzlich willkommen in unsere analogen Welt in
der Speicherstadt und in den digitalen Welten von politik-digital. Wir
freuen uns auf einen spannenden Chat mit Ihnen!
nicola87:
Sie sind ja bekanntlich an der Uni und haben in diesem Feld
jabekanntlich viel Ahnung, sollten Studiengebühren eingeführt werden?
Schipanski:
Studiengebühren sollten nicht eingeführt werden bis zum ersten berufsfähigen Abschluss…
uhu:
Wie schätzen Sie ihre Chancen als erste zukünftige deutsche Bundespräsidentin ein?
Schipanski:
Korrektur: berufsbefähigenden…
Schipanski:
Alles weitere sollte mit Gebühren belegt werden.
Schipanski:
zu uhu: Ich schätze sie real ein.
Falk:
Warum sind Sie nicht CDU-Mitglied?
Schipanski:
Ich habe 10 Jahre Wissenschaftspolitik von der Uni aus gemacht, daher ist diese Frage nicht relevant
Claus9:
Kann eine Frau als Bundespraesidentin mehr bewegen als ein Mann?
Schipanski:
zu Claus9: Das glaube ich nicht, wir haben beide die gleichen Chancen, etwas zu bewegen.
mielein:
könnte ich, würde ich sie wählen ! sie gefallen mir
LosBerckos:
Wie stehen sie zur PDS, die ja auch ein Teil Ihrer Geschichte ist ?
Schipanski:
zu LosBerckos: Ich habe eine grosse innere Distanz zur PDS, ich selbst
war nie Mitglied der SED und sehe die PDS in der Nachfolge der SED.
Chatritter:
Ich möchte nur einen schönen Gruß als Ex-Ilmenauer Student rüberbringen …. 🙂
Schipanski:
zu LosBerckos: …insofern ist sie natürlich Teil meiner Geschichte.
Fedor:
Rechnen Sie mit Stimmen aus der SPD?
Schipanski:
zu LosBerckos: …und ein sehr bedenkenswertes Stück Geschichte. Da ich mich immer geweigert habe, einzutreten.
Schipanski:
zu Chatritter: Ich bedanke mich für diesen Gruss, gebe ihn zurück und
freue mich, das unsere Ilmenauer Studenten nicht nur technisch und
wissenschaftlich gut ausgebildet sind, sondern sich auch für Politik
interessieren!
Moderator:
Da sie vielleicht nicht mehr die Frage sehen: Rechnen Sie mit Stimmen aus der SPD?
Schipanski:
zu Chatritter: …ich möchte Ihnen auch die erfreuliche Mitteilung
machen, dass wir zum 3. Mal im Spiegel-Ranking als TU Ilmenau sehr
positiv gewertet worden sind. Die Ausbildung ist als vorbildlich
eingeschätzt worden. Ich freue mich riesig und hoffe, dass es die
Chancen auf dem Arbeitsmarkt für diesen Absolventen erhöht.
Schipanski:
zur Frage nach Stimmen aus der SPD: In der Bundesversammlung ist jede Wahlfrau und jeder Wahlmann seinem Gewissen verpflichtet.
knaud:
Welche Zielsetzungen haben Sie bewogen, sich um dieses höchste Staatsamt zu bewerben?
Schipanski:
zu knaus: Mich hat bewogen, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zu
intensiveren Diskussionen um die Zukunftsgestaltung Deutschlands
anzuregen. Meine bisherige politische Tätigkeit und mein
wissenschaftlicher Hintergrund sind für diese Zielsetzung eine
besonders gute Voraussetzung und ich glaube, dass das für Deutschland
eine wichtige Herausforderung in den nächsten Jahren sein wird.
Cornel:
Was spricht für Sie und gegen Johannes Rauh?
Moderator:
Vielleicht beantworten Sie einfach nur den zweiten Teil.
Schipanski:
zu knaus: …Ein Beitrag zur inneren Einheit Deutschlands möchte ich
leisten, indem ich eine Diskussion über Grundwerte unserer Gesellschaft
anregen möchte. Diese Diskussion sollte zwischen Ost und West und Nord
und Süd geführt werden. Als Frau möchte ich bewirken, dass die
Chancengleichheit der Frauen in der Gesellschaft der Bundesrepublik
erhöht wird.
uhu:
Besitzen Sie zu Hause einen eigene PC oder!
Schipanski:
zu Cornel: Ich äussere mich nicht zu Mitkandidaten.
Schipanski:
zu uhu: Ja! (lacht)
escerfurt:
Was halten Sie von Politik per Internet?
Schipanski:
zu escerfurt: Ich glaube, das ist eine Form der Zukunft. Ich finde
diese Form ausserordentlich interessant und ich hoffe, dass über diese
Form wieder mehr junge Menschen mit der Poltik vertraut, für die
Politik interessiert und in ihr aktiv werden. Wir nutzen bisher die
Möglichkeiten dieser Form viel zu wenig.
nicola87:
politik-digital legt naechste Woche in Bruessel die erste online
petition vor, ist das in Ihren Augen ein Schritt in die richtige
Richtung?
Schipanski:
zu nicola87: Ja, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ich
sehe den wesentlichen Vorteil dieser Art von Politik in der
vereinfachten Möglichkeit, miteinander zu diskutieren, Argumente
auszutauschen ohne dass Sie sich an einem bestimmten Ort treffen müssen.
knaud:
… werden Sie auch im Erfolgsfalle noch Zeit für Chats haben?
Schipanski:
zu knaud: Aber natürlich! (lacht)
Moderator:
Anm: Rau wollte einmal im Monat vielleicht eine virtuelle Sprechstunde halten…
Schipanski:
zu knaud: Ich habe mehr die Hälfte meines Lebens an der Universität mit
Studenten verbracht, diese Verbindung werde ich immer halten.
Falk:
Wohin würde Ihre erste Auslandsreise führen?
Schipanski:
zu Falk: Der Bundespräsident vertritt die Bundesrepublik nach aussen,
in Verbindung mit der Bundesregierung, würde also seine erste Reise zu
dem Ziel machen, das mit der Bundesregierung abgesprochen ist und
dessen Besuch in dem Moment von politischer Bedeutung ist.
Eckhard:
glauben Sie daß Ihr bisheriger Hintergrund in der Bevölkerung ausreichend bekannt ist
Schipanski:
zu Eckhard: Es ist wahrscheinlich nicht ausreichend in der Bevölkerung bekannt…
Schipanski:
zu Eckhard: …leider spielt Wissenschafts- und Bildungspolitik nicht die Rolle…
Schipanski:
zu Eckhard: …die ich ihr wünschen würde und demzufolge hat sie noch
nicht diese Akzeptanz in der Bevölkerung, die ihr eigentlich zukommt.
loedi:
Kann der Bundespräsident eigentlich aktive Gestaltung der politischen
Landschaft bewirken oder ist er/Sie “nur” ein korrigierendes Glied, das
aufpasst, dass nichts aus dem Ruder läuft?
Schipanski:
zu Eckhard: …ich meine aber, dass in der Zukunft, wenn ich zur
Bundespräsidentin gewählt werde, sich dieser Stellenwert verändern
wird. Bis dahin versuche ich im Moment, durch Besuche, Gespräche und
die Medien mich vorzustellen.
escerfurt:
Wie alt sind Sie?
Schipanski:
zu loedi: Der Bundespräsident / die Bundespräsidentin hat eine integrative Funktion in diesem Land…
Schipanski:
zu loedi: …integriert über die Parteimeinungen hinweg und ihm / ihr
kommt die Aufgabe zu, Entwicklungen, die über 4jährigen
Legislaturperioden hinweg von Bedeutung sind, aufzuzeigen und sie ggf.
positiv zu befördern, Warnungen bei Fehlentwicklungen auszusprechen.
Schipanski:
zu escerfurt: 55 Jahre.
ko:
Die Netzverbindung hier aus der TU Muenchen zum Chat ist erschlagend
langsam! Wann duerfen sich die Universitaeten Deutschlands mal einen
angemessenen Uebergang ins weltweite und ins kommerzielle deutsche
Internet leisten? Zur Zeit wird letzteres von den kommerziellen
Providern getragen!
Schipanski:
zu ko: Ich bin froh, erstmal, dass es uns gelungen ist, dass alle Universitäten und Fachhochschulen vernetzt sind…
Schipanski:
zu ko: …Das war ein grosser finanzieller Aufwand des Bundes und der Länder. …
Schipanski:
zu ko: …Ich weiss aber, dass diese Verbindungen schneller werden
müssen. Neue Finanzierungskonzepte müssen von den Bildungspolitikern
überlegt werden. Wir haben im Wissenschaftsrat eine Empfehlung…
Schipanski:
zu ko: …erarbeitet – noch unter meiner Leitung – zur Verbesserung
nicht nur der Vernetzung sondern auch der besseren Möglichkeit von
Multimedia-Herstellung und -Einsatz in der Lehre. …
Schipanski:
zu ko: … Der finanzieller Aufwand ist enorm. Aber ich weiss, dass wir das beharrlich weiterentwickeln müssen.
uhu:
Wie beurteilen Sie die Kosovo-Krise, glauben Sie, daß es zu einem 3.
Weltkrieg kommen kann, wenn Rußland sich stärker involviert?
Schipanski:
zu uhu: Ich bin zutiefst betroffen über diesen Krieg. …
Schipanski:
… Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir intensiv nach einer politischen Lösung suchen müssen. …
Schipanski:
… Bei der Suche nach dieser politischen Lösung muss Russland mit eingebunden werden.
uhu:
Was bewerten Sie die Arbeit der jetzigen Regierung seit Amtsantritt?
Schipanski:
zu uhu: Ich äussere mich nicht zu aktuellen politischen Themen. Das
vereinbart sich nicht mit der Präsidentschaftskanditatur. Ich
kandidiere nicht für den Bundeskanzler, sondern für die
Bundespräsidentin.
macengel:
Die Umfragen zum Kosovo-Krieg belegen eindrucksvoll die Differenzen zwiaschen Ost- und Westdeutschen. Was wollen Sie tun?
Schipanski:
zu macengel: Die unterschiedliche Bewertung hängt mit dem unterschiedlichen …
Schipanski:
… Erfahrungshintergrund zusammen. Die Menschen in den neuen Bundesländern haben in den letzten 40 Jahren …
Schipanski:
… sehr häufig Gewaltanwendung in Osteuropa und auch in ihrer eigenen Geschichte erfahren. …
Schipanski:
… Ich erinnere an den 17. Juni 1953, an den Aufstand in Ungarn 1956,
den Einmarsch in Prag 1968 und an die Wende 1989, bei der _nicht_ von
vornherein klar war, dass keine Schusswaffen eingesetzt werden.
knaud:
Kann der Krieg ohne den Einsatz von Bodentruppen unter Einhaltung der Natodoktrin beendet werden?
Schipanski:
… Ich persönlich …
Schipanski:
… erinnere mich noch sehr gut an den Tag der Novemberdemonstration in Leipzig …
Schipanski:
… als die Armee mit Scharfschützen und mit Gewehren um die Strassen postiert waren …
Schipanski:
… und auf den Schiessbefehl warteten. Dass der Schiessbefehl nicht erfolgte, ist ein Glück der Geschichte. …
Schipanski:
… Wenn Sie so oft mit Gewalt konfrontiert waren, denken Sie anders
über den Einsatz von Gewalt nach, als diejenigen, die das Glück hatten,
40 Jahre gewaltfrei zu leben.
RobertoH:
Ist Krieg nicht immer ein Versagen der Politik?
Schipanski:
zu RobertoH: Krieg ist etwas, das ich immer lieber vermeiden würde. …
Schipanski:
… Da ich persönlich im Moment keine bessere Lösung habe, halte ich mich auch mit Kritik zurück.
der_junge_Mann:
Frau Schipanski, inwiefern koennte Ihnen Ihre wissenschaftliche Arbeit in der Politik hilfreich sein?
Schipanski:
Sie kann mir hilfreich sein …
Schipanski:
… bei der Herangehensweise an bestimmte Probleme. Ich bin als Naturwissenschaftler gewohnt, …
Schipanski:
… zu Beginn einer Problemstellung eine umfangreiche und möglichst tiefschürfende …
Schipanski:
… Analyse durchzuführen, darauf aufbauend wird die Problemlösung konstruiert. …
Schipanski:
… Diese Herangehensweise könnte in der Politik hilfreich sein. Ebenso meine ich, …
Schipanski:
… dass der etwas bedächtigere Umgang miteinander auch in der Politik hilfreich ist. …
Schipanski:
… Ausserdem wissen Sie als Naturwissenschaftler immer um die Grenzen der Erkenntnis. Also bemühen Sie sich intensiv um …
Schipanski:
… immer weitergehende Lösungen. Die Probleme würden nicht so schnell zur Seite gelegt. …
Schipanski:
… Das empfände ich auch als hilfreich für die Politik.
hyx:
Sind Sie eigentlich nicht sehr angenervt von dem ganyen Wahlkampf, den Sie als Wissenschaftlerin noch nicht kannten?
Schipanski:
zu hyx: Als ich mich bereiterklärte, zu kandidieren, wusste ich in groben …
Schipanski:
… Zügen, was auf mich zukommt. Ich behalte meine Nerven und ich nutze die Zeit, um die Probleme, …
Schipanski:
… die ich im Moment als relevant für Deutschland ansehe, anzusprechen und in das öffentliche Bewusstsein zu tragen. …
Schipanski:
… Diese Möglichkeit hätte ich als Professorin an der TU Ilmenau nicht gehabt.
RTP:
Der Bundespräsident hat in der Vergangenheit häufig für eine
Veränderung des Schulystems appeliert. Was halten Sie von einem
“Turbo-Abitur” in 12 Jahren ?
Schipanski:
zu RTP: Das ist kein “Turbo-Abitur”, das ist …
Schipanski:
… ein Abitur, das ich selbst abgelegt habe und ich habe mich mit diesem Abitur…
Schipanski:
… als gut ausgerüstet für mein bisheriges Leben empfunden. …
Schipanski:
… in Thüringen und Sachsen wird das Abitur nach 12 Jahren abgelegt. Als Professorin an der TU Ilmenau …
hyx:
Was halten Sie von Neuen Medien im Zusammenhang mit Politik und den Chancen einer “verbesserten Demokratie”?
Schipanski:
Sind die letzten Antworten angekommen?
Moderator:
ja
Schipanski:
Sie sind aber nicht hier im Chat-Fenster erschienen.
Moderator:
mmhh, Ihre letzte Antwort war: Als Professorin an…”
Schipanski:
…habe ich nicht bemerkt, dass diese Studenten schlechter ausgebildet wären. Im Gegenteil, …
Schipanski:
… Nachhilfe-Unterricht in Mathematik wird von Studenten wahrgenommen, die nach 13 Jahren das Abitur abgelegt haben.
Cornel:
Wie denken Sie über die Chancengleichheit und Gleichstellung behinderter Menschen!
Schipanski:
zu Cornel: Das ist ein Problem in unserer Gesellschaft, dem sie sich aber in den letzten Jahren verstärkt zugewendet hat. …
Moderator:
Liebe Frau Schipanski, wir sind schon fast am Ende der Zeit, es folgen die letzten drei Fragen.
Schipanski:
… Hier wird es neben gesetzlichen Regelungen in Zukunft mehr darauf
ankommen, diese Menschen in die Gesellschaft _wirklich_ zu integrieren.
Claus9:
Was sollte die Politik unternehmen um das Arbeitslosenproblem in den Griff zu begkommen
loedi:
kann der staat ihres erachtens die arbeitslosigkeit reduzieren oder ist das aufgabe der industrie und der unternehmen?
Schipanski:
zu claus9: Wir haben Arbeitslose verschiedener Altersstufen. Mich bedrückt …
Schipanski:
… besonders Jungendarbeitslosigkeit, weil sie die jungen Menschen in
einem Lebensabschnitt betrifft, in dem sie ihr Leben in die eigene Hand
nehmen wollen. …
Schipanski:
… Wenn man dann ausgegrenzt ist, ergeben sich schwere Schädigungen.
Nicht nur für den einzelnen, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Deshalb sollte …
Schipanski:
… das vorrangig sofort gelöst werden. Ebenso schwierig ist die zunehmende Ausgrenzung älterer Arbeitnehmer. …
Schipanski:
… Wir verlieren als Gesellschaft ein ungeheures Kreativitätspotential. Die Einbeziehung …
Schipanski:
… dieses Kreativitätspotentials kann nicht nur eine Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein, sondern sollte …
Schipanski:
… politisch gelöst werden.
Eckhard:
Womit verbringen Sie Ihre (wahrscheinlich) knapp bemessene Freizeit?
Schipanski:
zu Eckhard: Mit meiner Familie!
Moderator:
Und noch eine letzte Frage:
Moretti:
Wann ist die Bundesrepublik reif für eine Frau als Präsidentin ?
Schipanski:
zu Moretti: Das werden wir am 23. Mai erfahren. (lacht)
Moderator:
Frau Schipanski, wir bedanken uns bei Ihnen, daß Sie sich die Zeit genommen haben. Danke!
punktchen:
frau schipanski, ich wuensche ihnen viel erfolg, dass sich vielleicht
doch noch ein paar fdp-politiker fuer eine frau im praesidenten am
entscheiden.
Eckhard:
Danke! War sehr interessant
uhu
bedankt sich für den Chat! 🙂
knaud:
Viel Erfolg!
Biron:
Ich bin zwar erst später gekommen aber es war trotzdem informativ
uhu
wünscht Ihnen viel Erfolg!
Schipanski:
Ich bedanke mich für all die guten Wünsche …
Schipanski:
… und hoffe, dass sie die von den Wahlmännern und -frauen gelesen werden!
Moderator
wünscht noch einen schönen Abend im (jetzt wieder) sonnigen Hamburg!
Biron:
Schönen Tag noch
Schipanski
verabschiedet sich..
 


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