Der Ghostblogger von Eisbär Knut, Torsten Rupprich, war am 19. Juni 2007 zu Gast in der Blogsprechstunde von politik-digital.de und den Blogpiloten. Im Chat erzählte er über Knuts Zukunft im Berliner Zoo, Knut-Fans aus aller Welt und seinen Knut-Blog.

 

Moderator:
Hallo und herzlich willkommen zur Blogsprechstunde, dem Chat von
politik-digital.de und den Blogpiloten. Heute ist Torsten Rupprich
unser Gast. Der Redakteur vom Rundfunk Berlin Brandenburg bloggt
im Namen des kleinen Eisbären Knut aus dem Berliner Zoo.

Torsten Rupprich: Hallo, ich wäre
bereit.
Torsten Rupprich
Moderator: Gut, dann können
wir ja anfangen. Unsere Nutzer konnten im Vorfeld schon Fragen stellen
und bewerten. Die Fragen, die die meisten Stimmen erhalten haben,
eröffnen heute unseren Chat. Hier die erste Frage. Und vielleicht
für alle, die Knuts Werdegang nicht ganz so eifrig verfolgt
haben: Wie ist denn nun der Stand, wie lange soll Pfleger Thomas
Dörflein noch Rundum-Betreuung leisten?

Anne: Von wem ist die – von außen betrachtet
– plötzliche Abnabelung ausgegangen, Zoomanagement oder Thomas
Dörflein?

Torsten Rupprich: Nach dem letzten Interview des
Zoodirektors soll Herr Dörflein ja nur noch sechs Wochen direkten
Kontakt zu Knut haben können.
@Anne: Das weiß ich im Detail auch nicht. Dass die Abnabelung
stattfinden muss und wird ist ja klar. Ich denke, die Abnabelung
lief bislang im Groben wie geplant. Das „plötzlich“
empfinden wir wohl so, weil der Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz
am Wochenende einen konkreten Zeithorizont (sechs Wochen) genannt
hat.

Katrin Lompscher
Eisbär Knut in seiner Anlage (Foto: Gofio, flickr.com,
CC NC 2.0)

Blaue Maus: Wie sieht Knuts Tagesplan aus? Wie
lange ist er außer in den Shows mit Dörflein oder den
Pflegern zusammen?

Torsten Rupprich: Bis vor Kurzem begann der Tag
mit einem Zoorundgang, dann war er im Innenhof des Bärengeheges
mit Thomas Dörflein und anderen Pflegern zusammen, dazwischen
die beiden „Shows“ um 11.00 und 14.00 Uhr. Jetzt ist
er aber außerhalb der „Shows“ viel Zeit auf seiner
eigenen neuen Anlage. Und immer mehr auch alleine. Aber darum geht
es ja auch: Abnabeln.

Moderator: Eine englische Frage, für die deutschen
Leser: Muss Knut den Zoo eventuell nach einem Jahr verlassen?

Astrid: Does Knut eventually have to leave Berlin
Zoo after one year?

Torsten Rupprich: Ich weiß es nicht. Nach
Zoo-Aussage bleibt er ja mindestens noch bis zum Frühjahr 2008
in Berlin. Was dann geschieht: ???

Luna: Stehen Sie persönlich direkt in Kontakt
mit den Pflegern von Knut oder erhalten Sie Ihre Informationen über
Knut aus dritter Hand?

Torsten Rupprich: Die meisten Infos erhalte ich
über die RBB- und DokFilm- Fernsehautoren [DokFilm ist eine
Fernsehproduktionsfirma in Potsdam Babelsberg, Anm. d. Red.], die
Knut-Beiträge drehen. Die sind ja regelmäßig im
Zoo. Ansonsten habe ich auch Kontakt zu Herrn Schüle, dem Tierarzt
von Knut.

Annikara: Wie lange werden Sie noch das Knut-Blog
schreiben?

Torsten Rupprich: Das ist schwer zu sagen. Solange
ich genug Informationen über Knut anbieten kann und das Interesse
am Blog anhält. Vielleicht bis Jahresende.

noname: Wie viel Zeit verbringen Sie am Tag damit,
als Knut zu bloggen? Besuchen Sie ihn dafür auch selbst oft
im Zoo oder machen Sie das alles von der Redaktion aus?

Torsten Rupprich: Zeit? Schwer zu sagen. Das Schreiben
neuer Einträge geht recht fix, weil ich die „Geschichten“
oft ein zwei Tage mit mir „rumtrage“. Zeitaufwändig
ist die Organisation: Der Kontakt zu unseren Fernsehautoren und
-teams, die bei Knut drehen, neue Bilder und Videos auswählen
und aufbereiten. Dafür habe ich Hilfe in meiner Redaktion.
Ansonsten frisst die Administration die meiste Zeit. Es gibt irrsinnig
viele Fragen im Blog – und ich versuche halt, so gut es geht,
zu antworten. Das heißt ich schaue schon 16 Stunden am Tag
immer wieder drauf.

hummel: Ist es schwierig, jeden Tag aus der Sicht
eines Eisbären zu schreiben?

Torsten Rupprich: Ja und nein. Das Schreiben selbst
macht keine Probleme. Schwierig wird es, wenn es wirklich mal tagelang
nichts Neues zu berichten gibt. Da entstehen dann so Dinge wie Knuts
Tatzenabdruck zum downloaden.

Holly: Knut bekommt ja eine Menge Kommentare auch
aus dem Ausland. Woher rührt diese internationale Begeisterung
für den kleinen Eisbären?

Torsten Rupprich: Darüber könnte man
medienwissenschaftliche Abhandlungen verfassen. Da kommt sicher
vieles zusammen. Der „Niedlichkeitsfaktor“ des kleinen
Eisbärbabys, und vor allem die Tatsache, dass es überhaupt
erstmalig von der Handaufzucht eines Eisbären Videos und Bilder
gab, die dann regelmäßig im Rundfunk Berlin-Brandenburg
gesendet wurden.
Das Blog ist ja nicht die Ursache für den weltweiten Knut-Hype.
Allerdings haben wir das Blog in dem Augenblick gestartet, als die
Knutomanie gerade einmal um die Welt schwappte. Das war dann auch
ganz gut in den Kommentaren im Blog nachzuverfolgen. Erst war es
Mittel- und Nord-Europa: Niederlande, Schweden, England, dann Südeuropa,
von da schwappte es Richtung Südamerika und schließlich
weiter: Nordamerika und Japan. Viele von den Besuchern sind dann
drangeblieben, sodass wir jetzt wirklich international und in zig
Sprachen bloggen. Für die Knut-Fans in der weiten Welt ist
das Blog und die RBB-Knut-Seite jetzt eine der Hauptquellen für
neue Bilder und Videos.

Moderator: Daran anschließend:

pingu: Ihre Beiträge werden ja in sehr viele
Sprachen übersetzt – welche Nation liest Knut am meisten?

Torsten Rupprich: Wer am meisten liest, ist schwierig
zu beantworten. Wenn ich nach abgefragten Videos schaue, dann kommt
an zweiter Stelle gleich Japan. Die meisten aktiven Schreiber kommen
– nach Deutschland – wohl aus den USA.

Peter43: Wie sind eigentlich so die Benutzerzahlen
von Knuts Blog? Die Menge an Kommentaren stellen ja alle anderen
Blogs in den Schatten?

Torsten Rupprich: Nach IVW: täglich etwa 15.000
– 20.000 Zugriffe auf das Blog, noch mehr auf die Knut-Homepage.
Videos werden jeweils zehntausende Mal abgerufen [IVW steht für
die Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von
Werbeträgern, Anm. d. Red.].

Annikara: Macht Knut Sie auch täglich so
"glücklich", wie es die vielen Knut-Fans empfinden
(wie man es im Blog so lesen kann und vielleicht auch aus eigener
Erfahrung kennt)?

Torsten Rupprich: Ohje, was soll ich darauf antworten.
Sagen wir mal so: Mir macht das Blog sehr viel Spaß und Freude.
Ich glaube, ich habe daneben gar nicht genug Zeit, um mich der Knutitis
(so bezeichnen die Knut-Blogger ihre "Erkrankung") so
hinzugeben.

Bauz: Sind Sie ausschließlich nur mit Knuts
Blog befasst oder haben Sie noch weitere Aufgabenbereiche?

Torsten Rupprich: Na, das wäre schön.
Nein, Ich leite "nebenher" die Online Redaktion im RBB
Fernsehen. Da gibt es auch ein "Regelgeschäft" und
andere Seiten wie www.polylog.tv
oder
www.sandmaennchen.de

malzbier: Haben Sie als Knut-Experte schon andere
Interviews gegeben?

Torsten Rupprich: Ich bin ja mehr der Knut-Online
Experte. Weniger der Knut Experte. Aber dazu "durfte"
ich mich ein paar Mal im eigenen Fernsehen und im japanischen TV
äußern.

Moderator: Eine Rückfrage zu den Nutzerzahlen:

killer: Heißt das, Knut ist derzeit das
meistgelesene Blog in Deutschland? Sonst wird doch immer Bildblog
als solches gehandelt, aber die sind nicht IVW-bereinigt?

Torsten Rupprich: Tja, die Zahlen bei blogscout
et cetera. kann ich auch immer schwer vergleichen. Da hat Bildblog,
meine ich, rund 50.000 Page Impressions (abgerufene Seiten, Anm.
d. Red.). Aber wie das mit IVW-Pixel wäre (IVW-Pixel ist ein
erweitertes Zählverfahren der IVW, Anm. d. Red.)? Ich denke,
Knuts Blog gehört auf jeden Fall zu den drei meistgelesenen
Blogs Deutschlands. Vielleicht sogar Platz eins. Aber wie gesagt,
dafür müsste man vergleichbare Zahlen haben. [Das Bildblog
nutzt das IVW-Zählverfahren nicht und kommt nach eigenen Angaben
auf Grundlage der Dienste Awstats und Blogscout auf etwa 50.000
einzelne Besucher pro Tag (Unique Visitors), die sich etwa 80.000
einzelne Seiten anschauen (Page Impresssions), Anm. der Redaktion]

fine: Zur Sprache auf Knuts Blog: Haben Sie Kinder?
Oder wen stellen Sie sich als Inspiration vor?

Torsten Rupprich: Ja, zwei Kinder. Aber denen
schaue ich die Sprache nicht mehr ab. Anfangs war Knuts Sprache
ja sehr sehr kindlich. Das versuche ich jetzt ein wenig zu verändern.
Er wird ja älter, ist jetzt vielleicht ein kleiner Junge und
wird bald pubertieren. Mal sehen, ob das in Knuts Sprache nachvollziehbar
wird. Schwierig!

Moderator: Nochmal zu den vielen Fans, die das
Blog besuchen:

killer: Gehört die Zukunft der Klicks dem
Boulevard-Blogging?

Torsten Rupprich: "Boulevard-Blogging"
– schönes Wort. Das war Anfangs auch unsere Befürchtung,
dass solch ein Blog zu sehr Boulevard sein könnte. Ich sehe
es eher als gute Unterhaltung. Ob dem die Zukunft gehört was
die Nutzungszahlen angeht – keine Ahnung. Ich denke, viele Blogs
sind doch im weitesten Sinne unterhaltend. Die Klicks kommen durch
das Thema: Knut.

Blogger: Die 20.000 Visits pro Tag – sind das
Besucher?

Torsten Rupprich: Nee, das sind Page Impressions.
Angaben über Visits habe ich leider nicht. Jedenfalls keine
nach IVW. Und unsere internen Auswertungen helfen ja hier nicht
weiter. Die 15.000 bis 20.000 sind allerdings jetzt das Normalmaß.
In Hochzeiten – als Knut erstmals vorgestellt wurde zum Beispiel
– ist es auch deutlich mehr.

PeachMelba: Wie kam denn die Idee, nicht über
Knut, sondern als Knut zu bloggen?

Torsten Rupprich: Ehrlich, das war so eine typische
spontane Schnapsidee. Da steckt keine „Geheimstrategie“
hinter. Die Idee dazu hatte ich ganz spontan in einer Redaktionsrunde
– das war Ende Februar. In der nächsten Sekunde mit dem
zweiten Gedanken bin ich dann erstmal zurückgeschreckt. „Ist
das nicht zu trivial und boulevardmäßig für unser
öffentlich-rechtliches Profil wenn wir als Eisbär bloggen?“
Aber alle fanden die Idee gut und wir haben entschieden, dass wir
das einfach mal probieren. Naja, da war der erste Gedanke der richtige!

Bauz: Darf man die auf der RBB-Webseite von Knut
veröffentlichte Fotos und Videos auch für andere Webseiten
verwenden? Natürlich nicht für den kommerziellen Gebrauch?

Torsten Rupprich: Für beides gilt: Nein, da
hängen ja Urheberrechte dran.

Moderator: Zurück vom Blog in den Berliner
Zoo:

eisbärsein!: Ist die Erhöhung der Eintrittspreise
durch den Zoo zu rechtfertigen? Immerhin haben die durch Knut Extraeinnahmen
in Millionenhöhe!

Torsten Rupprich: Hm, da bin ich der falsche Ansprechpartner.
Ich kann da beide Seiten verstehen. Die, die die günstigen
Eintrittspreise wollen, aber auch den Zoo, der ja seine Kosten decken
muss. Und so viel ich weiß, war die Preiserhöhung ja
lange geplant.

Okapi: Welches Tier sollte denn noch bloggen? Ich
wäre ja fürs Okapi aus dem Berliner Zoo.

Torsten Rupprich: Tja, mal sehen. Im Herbst gibt
es einen neue Staffel der Tier-Doku "Panda, Gorilla & Co"
– vielleicht findet sich da ein Kandidat. Und ein Kollege, der Lust
darauf hat..:-)

Moderator: Zwei Fragen en bloc:

Ela: Was meinen Sie, können bloggende Tiere
eine Chance für den Umweltschutz sein? Würde es zum Beispiel
funktionieren, wenn etwa Greenpeace einen "Blauwal " bloggen
lässt, um Aufmerksamkeit für den Walschutz zu wecken?

Pachulke: Könnten sie nicht die ungeheurer
Popularität von Knut nutzen, um auf das Problem vom Aussterben
bedrohter Tierarten hinzuweisen? Schließlich zählt ja
gerade der Eisbär zu diesen vom Aussterben bedrohten Tierarten.

Torsten Rupprich: @Ela: Schwer. Wenn bald alle
Tiere bloggen, ist das ja nichts ungewöhnliches mehr. Ich glaube,
Knut ist da ein Ausnahme. Ich weiß nicht, ob ich mit einem
Blauwal bloggen möchte?!

@Paschulke: Ja, sicher. Aber ich denke, dass tut
Knut auch mit dem Blog bereits. Auch wenn es nicht immer ausgesprochen
ist. Knut steht ja für Artenschutz. Aber sicher kann man das
auch noch konkreter tun.

Gibmirtiernamen: Was glauben Sie, wann wird die
Begeisterung für Knut einmal nachlassen?

Torsten Rupprich: Darüber habe ich auch schon
oft nachgedacht. Ganz schwere Frage. Ich glaube, es wird bestimmt
noch dieses Jahr anhalten. Und dann wird es, denke ich, deutlich
abflauen.

Bauz: Wann genau würde der Knut-Blog eingestellt
werden? Gibt es da eine Grenze an Hits, die nicht unterschritten
werden sollte?

Torsten Rupprich: Oh, das kann ich so nicht sagen.
Wir machen sicher solange weiter wie wir: 1. genug Informationen,
Bilder, Videos zu Knut anbieten können und 2. das Interesse
halbwegs anhält. Aber Zahlen kann ich nicht sagen. Natürlich
könnten wir den Aufwand nicht für ein Handvoll User aufrecht
erhalten. Aber die Gefahr sehe ich im Augenblick nicht. Ich hoffe,
die User bleiben uns treu.

Anne: Könnten Sie Herrn Dörflein überreden,
im Knut-Blog vorbei zu schauen, damit er dort Fragen beantwortet?
Zum Beispiel statt einem Beitrag von Knut einen vom Knut-Papi.

Torsten Rupprich: Das würde ich gerne. Aber
Herr Dörflein hat keine so große Beziehung zu Computern
und Internet. Und ich glaube, er ist froh über jede ruhige
Minute. Aber wer weiß…

Moderator: Eine Frage zur Finanzierung des Blogs:

killer: Wieviel lässt sich der RBB denn den
Spaß kosten?

Torsten Rupprich: Eigentlich nichts was man konkret
beziffern könnte. Es gibt sicher an vielen Stellen kleine Mehraufwände.
Ich bin fest angestellt.

Moderator: Zum Abschluss: Einmal Glückwünsche,
einmal Dank:
Blogger: Wenn Sie polylog.tv machen: Herzlichen Glückwunsch
zum Grimme-Online-Award!

Bauz: Ich möchte mich im Namen der Blogger
für ihre wundervolle Arbeit bedanken.

Torsten Rupprich: Oh, zwei Mal Danke zurück.
Ich muss auch Danke sagen – nämlich all den „ehrenamtlichen"
Übersetzern, die das Blog in fünf bis acht Sprachen übersetzen
und den Fotografinnen, die uns unermüdlich mit Bildern versorgen.

Moderator: 60 Minuten Blogsprechstunde sind auch
schon wieder um. Danke an alle Knut-Fans für Ihre Fragen und
an Torsten Rupprich für die Antworten. Nächste Woche chatten
wir an dieser Stelle mit Jens Schröder, Macher der deutschen
Blogcharts
und von Blogcensus.de:
Dienstag, 26. Juni von 16.00 bis 17.00 Uhr. Fragen können Sie
jetzt schon unter hier
stellen.

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